Positionen und 6-Punkte-Forderungskatalog des PhV BW zur Behebung des Lehrermangels

    Zeiten des Lehrkräftemangels: Zu den Empfehlungen der Ständigen wissenschaftlichen Kommission der KMK zur Behebung des Lehrkräftemangels nimmt der PhV BW wie folgt Stellung.

    Der Lehrkräftemangel ist ein hausgemachtes Problem:

    Statt in guten Zeiten vorausschauend über den unmittelbaren Bedarf hinaus Lehrkräfte einzustellen, hat die Landesregierung ab 2012 mit Stellenkürzungen im Umfang von bis zu 11.600 Lehrerstellen geliebäugelt.[1] Aus dem versprochenen „Bildungsaufbruch“ wurde so ein „Bildungsabbruch“, der sich auch in den Bildungsvergleichsstudien seit 2016 widerspiegelt.

    Durch eine ganze Reihe von Sparmaßnahmen bei Besoldung und Versorgung der Landesbeamten sowie immer schlechtere Beförderungs- und Aufstiegsmöglichkeiten und damit immer unattraktivere Arbeitsbedingungen an den allgemeinbildenden Gymnasien sind die Berufsanfängerzahlen innerhalb von 10 Jahren auf fast die Hälfte geschrumpft.

    Gleichzeitig hat die ständige Erhöhung der Arbeitsbelastung gymnasialer Lehrkräfte dazu geführt, dass nur noch ca. ein Drittel die Altersgrenze im aktiven Dienst erreichen, aber zwei Drittel der gymnasialen Lehrkräfte vorzeitig in Pension gehen.

    Der Lehrkräftemangel im Grundschulbereich ist ebenso selbst verschuldet, weil die Regelstudienzeit für das Grundschullehramt erhöht, die Zahl der Studienplätze an den Pädagogischen Hochschulen aber nicht entsprechend aufgestockt wurde.

     

    FORDERUNGEN

    Der von der Politik hausgemachte Lehrkräftemangel darf nicht durch eine Vergrößerung der Klassen oder eine Erhöhung der Lehrkräfte-Unterrichtsverpflichtung auf 26 Stunden auf dem Rücken von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften ausgetragen werden.

     

    Wenn die Landesregierung ausreichend in den Bildungsbereich investiert, kann dem Lehrkräftemangel durch folgende Maßnahmen begegnet werden:

     

    1. Altersermäßigung verbessern

     

    Damit der Großteil der Lehrkräfte länger im aktiven Dienst bleiben kann, muss die Altersermäßigung deutlich erhöht werden. Wenn Lehrkräfte ab 55 Jahren zwei Stunden, ab 60 vier Stunden und ab 62 sechs Stunden Altersermäßigung bekämen, würde eine große Zahl deutlich länger im Dienst bleiben.

     

     

    1. Altersteilzeitregelung für alle Lehrkräfte

     

    Außerdem muss die Altersteilzeitregelung, die derzeit nur für Schwerbehinderte gilt, auf alle verbeamteten und Arbeitnehmer-Lehrkräfte ausgedehnt werden, um die vorzeitige Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen zu verhindern.

     

    1. Befristete Aufhebung der Zuverdienstgrenze für Pensionäre

     

    Um mehr Pensionäre für eine befristete Beschäftigung an den Schulen zu gewinnen, muss die Zuverdienstgrenze für Pensionäre in Zeiten des Lehrkräftemangels aufgehoben werden.

     

    1. Verbesserung von Bezahlung, Beförderung und Aufstiegsmöglichkeiten

     

    Um langfristig die Besten eines Jahrgangs (auch in MINT-Fächern) für ein Lehramts-studium und den gymnasialen Lehrerberuf zu gewinnen, müssen Bezahlung, Beförderung und Aufstiegsmöglichkeiten im gymnasialen Lehramt deutlich verbessert werden.

     

    1. Antizyklische, nachhaltige Einstellungspolitik

     

    Zur langfristigen Sicherung der Lehrkräfteversorgung muss die Landespolitik in Richtung nachhaltige, antizyklische Einstellungspolitik umsteuern: In guten Zeiten, wenn ausreichend Berufsanfänger zur Verfügung stehen, muss das Land über den unmittelbaren Bedarf hinaus Lehrkräfte einstellen, damit in Zeiten des Lehrkräftemangels ausreichend Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Eine gute Lehrkräfteversorgung kann zur Verringerung der Klassenstärken, für zusätzliche Förderangebote und die Verringerung der Unterrichtsverpflichtung genutzt werden.

     

    1. Verbesserung der Arbeitsbedingungen an den Gymnasien

     

    Die Attraktivität des gymnasialen Lehramts muss durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen deutlich gesteigert werden. Insbesondere die Konzentration der Lehrkräfte-Arbeitszeit auf ihr eigentliches Kerngeschäft, den Unterricht, muss jetzt angegangen werden: Eine generelle Aufgabenkritik, der Ausgleich von außerunterrichtlichen Aufgaben durch Anrechnungsstunden und vor allem die Verlagerung von organisatorischen Aufgaben auf eine zusätzliche Verwaltungskraft muss dabei mit Tempo angegangen werden.

     

     

     

    [1]      Vgl. SPIEGEL vom 10.07.2012: „Kretschmann will 11.600 Lehrer-Stellen streichen“, aufgerufen am 30.01.2023 unter https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/baden-wuerttemberg-kretschmann-will-lehrerstellen-streichen-a-843705.html

     

    Nach oben