PhV BW zum Thema G9

    · Philologenverband übt harsche Kritik an Kultusministerium und Landesregierung wegen verschleppter Planungen zu G9
    · PhV legt öffentlich fundierte Vorschläge für neue Stundentafeln für ein G9 und für G8-Klassen für besonders leistungsstarke Kinder vor
    · Mehrbedarf an Lehrerstunden deutlich geringer als von der Landesregierung angegeben
    · PhV legt inhaltsbezogenes Positionspapier InNOVAtions-Gymnasium G9 vor
    · Forderung nach Stärkung aller Schularten zur Erhaltung der Bildungsvielfalt

    Im Landtag rückt die Entscheidung über den Volksantrag „G9-Gesetz“ mit großen Schritten näher. Am 14.3.2024 debattiert der Bildungsausschuss darüber. Voraussichtlich am 17./18.4.2024 wird das Landesparlament über dieses Gesetz abstimmen. Alternative Vorschläge der Landesregierung fehlen bisher: Weder wurde vom Kultusministerium ein eigener G9-Umsetzungs-Vorschlag vorgelegt noch irgendwelche verbindlichen Planungen.

    Der Landesvorsitzende des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW), Ralf Scholl, fragt: „Wie wird hier eigentlich mit dem Bürgerwillen, der sich in über 106.000 Unterschriften für den Volksantrag niedergeschlagen hat, umgegangen? Legen Kultusministerium und Landesregierung es bewusst darauf an, die Initiatorinnen und Unterstützer des Volksantrags zum nächsten Schritt in dieser Sache, einem Volksbegehren, zu provozieren, wenn das „G9-Gesetz“ im Landtag mit Regierungsmehrheit und ohne Alternative abgelehnt wird?“

    Insbesondere das „Corona-Aufholjahr“, d.h. die Wahlmöglichkeit eines Übergangs auf G9 (als gestrecktes G8) für alle Schüler bis zur 10. Klasse wird überhaupt nicht mehr diskutiert. Dieser Bestandteil des G9-Volksantrags scheint vollkommen ignoriert zu werden. Das ist eine schwere Enttäuschung für alle Eltern mit Kindern in der gymnasialen Unter- und Mittelstufe.
    Eine sofortige Umstellung auf G9 mit gestreckten G8-Bildungsplänen im Sinne eines Corona-Aufholjahres wäre zum September 2024 ohne Weiteres noch möglich, wie viele Schulleitungen an Gymnasien bestätigen.

    Um die Diskussion zu einem künftigen InNOVAtions-G9 voranzubringen, legt der Philologenverband Baden-Württemberg jetzt der Öffentlichkeit seine Vorschläge für Stundentafeln vor: Ein von Praktikern an den Schulen entwickeltes InNOVAtions-G9-Konzept und ein Konzept für ein paralleles G8, letzteres ausschließlich für besonders motivierte und leistungsstarke Kinder.

    Grundzüge des InNOVAtions-G9 (Neun Jahre, Orientierung, Verknüpftes Wissen, Außerschulische Angebote) sind:
    • Eine schülerfreundlich reduzierte Pflicht-Wochenstundenzahl pro Jahrgang, ansteigend von
    30 Wochenstunden in den Klassenstufen 5 und 6 über
    32 Wochenstunden in den Klassenstufen 7, 8 und 9 auf
    34 Wochenstunden in den Klassenstufen 10 und 11.
    • Kein Fach hat weniger Stunden als im jetzigen G8, die meisten Fächer werden gestärkt.

    Neu im Fokus sind insbesondere:
    • Sechs Stunden eines neuen, durchgängig einstündigen Fachs Informatik
    • Eine Stärkung der Kernfächer Deutsch, Mathematik und 1. Fremdsprache um je 3 Stunden
    • Eine Stärkung der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer
    • Vier Klassen(lehrer)stunden für soziales Lernen, Methodenlernen, Lernen lernen usw.

    Bei dem Stundenplanvorschlag des PhV wird extrem auf maximale Ressourcen-Ausnutzung Wert gelegt, um die Stunden-Mehrbedarfe minimal zu halten. Mit nur 16,3 Stunden Mehrbedarf im Vergleich mit der aktuellen Stundenzuweisung liegen die jährlichen Mehrkosten knapp unter 100 Mio. Euro. Zum Vergleich: Allein für das wenig effektive „Rückenwind“-Programm wurden 2023 vom Kultusministerium 250 Mio. Euro ausgegeben.

    Besonders motivierte und leistungsfähige Schülerinnen und Schüler sollen zudem die Chance bekommen, in kürzerer Zeit den Weg zum Abitur gehen zu können – in einem neuen G8 ausschließlich für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler, das schwerpunktmäßig auf Akzeleration und punktuell auf Enrichment setzt. Dieses neue G8 soll Baden-Württemberg als dem „Land der heimlichen Weltmarktführer“ breite und hohe schulische Spitzenleistungen erbringen, denn jede PISA-Studie hat bisher bestätigt: Im internationalen Vergleich müssen wir nicht nur insgesamt besser werden – wir brauchen ganz dringend auch mehr und höhere Spitzenleistungen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

    Mit einem Minderbedarf von 7,7 Stunden pro Zug (verglichen mit dem bestehenden G8) bzw. 24 Stunden im Vergleich mit dem InNOVAtions-G9 kann diese Förderung – je nach Klassengröße – sogar preiswerter umgesetzt werden als jedes andere Modell. Der PhV schlägt deshalb für dieses G8 maximal 28 Schüler pro Klasse vor.

    Der PhV tritt ein für Bildungsgerechtigkeit und die Stärkung aller Schularten, damit die Bildung in Baden-Württemberg auf allen Ebenen verbessert wird. „Die Vielfalt in unserer Gesellschaft – vom Handwerker bis zum Akademiker – verlangt von uns, diese Vielfalt auch in der Bildungslandschaft umzusetzen“, betont der PhV-Vorsitzende Ralf Scholl. „Die Chance, die es jetzt durch die G9-Debatte gibt, das Gymnasium zukunftssicher aufzustellen und gleichzeitig einen Bildungsfrieden abzuschließen, muss mutig genutzt werden und darf nicht an der Finanzierung scheitern“, so Ralf Scholl. „Unsere Kinder und die Zukunftsperspektiven unseres Landes müssen uns das notwendige Geld wert sein; und der PhV leistet mit seinen Vorschlägen für ein effizientes, leistungsfähiges und kostengünstiges Gymnasium, in dem sämtliche Lehrerstunden allen Schülerinnen und Schülern zu Gute kommen, seinen Beitrag dazu.“

    Unsere vielfältigen Schularten sind eine wertvolle Grundlage für unsere vielfältige Gesellschaft. Jede Schulart eröffnet Chancen und muss auskömmlich finanziert werden. „Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft“, erklärt Scholl.

    Anlagen:
    – Bedarfsberechnungen und detaillierte Ausführungen zu Innovations-G9 und G8 für leistungsstarke Kinder
    – Stundentafeln für Innovations-G9 und G8 für leistungsstarke Kinder; G8 (aktuell) und G9 (alt) bis Abitur 2012
    – InNOVAtionsgymnasium G9 Positionspapier des PhV BW

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