TPhV: Pisa-Chef Schleicher verrennt sich!

    „Die überlasteten und jammernden Befehlsempfänger-Lehrkräfte sind schuld am PISA-Debakel der deutschen Schulen? Pisa-Chef Schleicher ist hier auf dem Holzweg!“ so Heike Schimke, Vorsitzende des Thüringer Philologenverbandes.

    Die meisten Lehrkräfte tun viel mehr, als man angesichts der widrigen Arbeitsumstände an den Schulen in Deutschland von ihnen erwarten könnte. Viele arbeiten bis zum Rand der Erschöpfung und darüber hinaus für „ihre“ Schüler, weil sie ein hohes Berufsethos haben, das eben nicht davon geprägt ist, dass man nur das tut, was einem „befohlen“ wurde.

    „Pisa-Chef Schleicher stellt treffend fest, dass der Trend der Verschlechterung der Leistungen absehbar gewesen ist – er verwechselt bei seiner Betrachtung jedoch Ursache und Wirkung der Maßnahmen und Umstände, die in den letzten Jahren auf die deutschen Schulen einprasseln.“, so Heike Schimke weiter.

    Es ist wohl unbestritten so, dass die Aufgabenfülle der Lehrkräfte in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Die Ansprüche der Gesellschaft, der Politik und der Elternschaft an das, was Schule und Lehrkräfte leisten sollen, sind ebenfalls stetig gewachsen.

    Die Zeitressourcen für Lehrkräfte dagegen nicht.

    Die Zunahme der Verwaltungsaufgaben, die Herausforderungen durch Heterogenität in den Klassen, Inklusion, Migration, Corona-Nachwirkungen sowie durch die nur langsam fortschreitende Digitalisierung der Schulen macht den Lehrerberuf für viele Lehrkräfte zu einem Kraftakt, der auf Dauer unter diesen Bedingungen nicht durchzuhalten ist.

    Immer mehr- auch junge Lehrkräfte- flüchten in Teilzeit. Die Zahl der Langzeitkranken ist hoch. Es gibt eine stetig abnehmende Anzahl junger Menschen, die sich ein Lehramtsstudium vorstellen können (was nicht nur demografische Gründe hat).

    Es fallen durch Personalmangel immer mehr Unterrichtsstunden aus. Pädagogische Erwägungen, Kontinuität für die Schülerinnen und Schüler sowie die Erfüllung von Lehrplänen geraten immer weiter ins Hintertreffen angesichts der dramatischen personellen Engpässe an vielen Schulen. Die zunehmende gesellschaftliche Ablehnung von Leistungsansprüchen und Anforderungen an Schülerinnen und Schüler führt viele Lehrkräfte in eine Sinnkrise und die Wirtschaft sowie die Hochschulen in eine Ausbildungs- und Studienabbrecherkrise.

    Schon Sigmund Freud bezeichnete den Lehrerberuf einmal als einen „jener unmöglichen Berufe, in denen man des ungenügenden Erfolgs von vornherein sicher sein kann“.

    In den letzten Jahren haben sich die Bedingungen für eine erfolgreiche Arbeit der Lehrkräfte in Deutschland dramatisch verschlechtert.

    Und nun sollen Lehrkräfte auch noch am mangelnden Erfolg schuld sein, weil sie sich angeblich nicht bewegen, nichts Neues entwickeln und ausprobieren?

    Die Politik und die Gesellschaft müssen ernsthaft darüber nachdenken, wie sie Lehrkräfte künftig wirksam unterstützen können. Allein auf die gute Bezahlung der Lehrer in Deutschland zu verweisen bringt nichts. Die Länder, die vergleichbar erfolgreicher arbeiten, haben ganz andere Unterstützungssysteme für Lehrkräfte und andere Aufgabenzuweisungen. Danach sollte man schauen und sehen, was hiervon in das deutsche Schulsystem überführt werden kann.

    Dann wird der Lehrerberuf auch wieder attraktiver und für die arbeitenden Lehrkräfte „erträglicher“.

    Dass Herr Schleicher sich nun in die Riege derer einreiht, die Lehrerbashing betreiben, ist angesichts der sich weiter verschärfenden Personal-Mangelsituation an den Schulen absolut kontraproduktiv.

    Heike Schimke ist für Stellungnahmen unter der Telefonnummer 01573 – 28 77 507 zu erreichen.

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