PhV BW: Warum schafft es die Landesregierung in Baden-Württemberg nicht, sich an erfolgreichen Bundesländern zu orientieren?

    Pressemitteilung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zur heutigen Landespressekonferenz der FDP/DVP-Landtagsfraktion und des Realschullehrerverbands Baden-Württemberg zur verbindlichen Grundschulempfehlung:

    Warum schafft es die Landesregierung in Baden-Württemberg nicht, sich an erfolgreichen Bundesländern zu orientieren?

    PhV begrüßt die Gesetzesvorlage der FDP/DVP-Fraktion zur Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung

    Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP zur ‚Wiederherstellung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung‘ (Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg) wurde mit den Stimmen der SPD, der Grünen und leider auch der CDU im Landtag mehrheitlich abgelehnt. Warum ignoriert die Mehrheit unserer Landespolitiker sämtliche Fakten und Argumente in dieser Frage? Warum scheint der Niedergang der Bildung im LÄND unseren Politikern egal zu sein?

    Seit vielen Jahren liegt Bayern mit seinem stark und konsequent nach Leistungsfähigkeit differenzierten Schulsystem in den schulischen Vergleichstests immer an der Spitze in Deutschland, egal ob diese PISA, IQB oder anders heißen. Früher war Baden-Württemberg immer bei den Spitzenleistungen dabei, aber seit 2012 hat es sich in die Gruppe der Länder eingereiht, die lediglich unverbindliche Empfehlungen durch die Grundschule erstellen, während die endgültige Schulwahl allein den Erziehungsberechtigten überlassen wird. Und genau seit dieser kurzsichtigen und populistischen Hau-Ruck-Entscheidung sinken die Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler stetig ab – eine wesentliche Ursache dafür ist die äußerst uneinheitliche Zusammensetzung unserer Schulklassen, die dazu führt, dass viele Kinder und Jugendliche nicht mehr ihrem Leistungsvermögen entsprechend unterrichtet werden können. Das hat zur Folge, dass auf lernschwache Schüler nicht passgenau eingegangen werden kann, und dass lernstarke Schüler keine adäquaten Anreize bekommen, die ihre Talente angemessen fördern könnten. Damit verkümmern die möglichen Leistungsträger im mittleren Einheitsniveau, und die Lehrkräfte reiben sich auf bei dem Versuch, allen Kindern in diesen äußerst heterogenen Klassen individuell gerecht zu werden. In den vergleichenden Tests wird gerade jetzt sichtbar, dass der Anteil der Spitzenschüler und Hochleister bei uns viel zu niedrig ist – warum wohl? Warum konterkariert man die viel gepriesene und erwünschte individuelle Förderung durch eine gewollte Schaffung von ungünstigsten Rahmenbedingungen aus Gründen vermeintlicher „Gerechtigkeit“ in wild zusammengewürfelten Klassen? Welcher Trainer im Fußball würde Bundesligaspieler und Kreisligakicker in eine Mannschaft zusammenstecken? Die Landesregierung stellt sich nicht den Fehlern der Vergangenheit und vermeidet mit Hinweis auf Koalitionsvereinbarungen jeden sachlich-inhaltlichen Diskurs.

    Noch deutlicher ausgedrückt: Warum stehen der Koalitionsfrieden und der Erhalt der eigenen Posten vor dem Wohl der Kinder unseres Landes?

    Immer mehr aktuelle wissenschaftliche Studien, Umfragen und nicht zuletzt der Sinkflug Baden-Württembergs in den IQB-Studien zeigen auf, wie elementar wichtig die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung in einem vielfältigen und differenzierten Schulsystem ist, um jedem Kind die passende Schullaufbahn zu ermöglichen.

    Bei uns gibt es in der Schule keine Einbahnstraßen, auch wenn fälschlich und wissentlich von manchen Akteuren der Eindruck erweckt wird, dass mit der Wahl der weiterführenden Schule in der 5. Klasse der Lebensweg eines Menschen entschieden würde. „Kein Abschluss ohne Anschluss“ – das gilt zum Glück in unserem Bundesland. Erhalten wir diese Vielfalt zugunsten unserer Kinder!

    Der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl erklärt: „Wo der ‚freie Elternwille‘ zu einer bitteren Leidensgeschichte der Kinder führt – sei es durch völlige Über- wie durch komplette Unterforderung – müssen ihm im Interesse der Kinder Schranken gesetzt werden. Wer dies aus Angst vor der Reaktion der Eltern bei der nächsten Wahl unterlässt, missachtet die Interessen der Kinder. Aber die Kinder dürfen ja auch noch nicht wählen, sodass das unsere politischen Entscheidungsträger keine kurzfristigen Konsequenzen zu befürchten haben.“

    * * *

    An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.

    Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.

     

    Philologenverband Baden-Württemberg

    Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien

    Stuttgart, 10. November 2023

    Az. 1811 / 2023-24

    Philologenverband Baden-Württemberg, Alexanderstraße 112, 70180 Stuttgart

    Tel.: 0711 / 2 39 62 – 50, Fax: – 77, E-Mail: info@phv-bw.de · Internet: www.phv-bw.de

    Landesvorsitzender: Ralf Scholl

    Nach oben