DPhV zu IQB-Bildungstrend 2022 / Vernachlässigung der Sprache Deutsch ist alarmierend und nicht akzeptabel

    Mit sehr großer Sorge hat der Deutsche Philologenverband (DPhV) die Ergebnisse des gerade veröffentlichten IQB-Bildungstrends 2022 zur Kenntnis genommen. Bei den darin untersuchten Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe im Fach Deutsch zeigte sich, dass 15 Prozent von ihnen die Mindeststandards im Lesen für den „Ersten Schulabschluss“ (ESA) verfehlen, für den „Mittleren Schulabschluss“ (MSA) sogar 33 Prozent. Noch etwas schlechter sieht es bei den Kompetenzen Zuhören (18 Prozent ESA bzw. 34 Prozent MSA verfehlen den Mindeststandard), etwas „besser“ im Bereich Orthografie (8 Prozent ESA bzw. 22 Prozent MSA verfehlen ihn) aus. Damit setzt sich der bereits bei den vergangenen Untersuchungen festgestellte Abwärtstrend im Fach Deutsch aus dem Jahr 2015 fort, im Gegensatz zu den gezeigten Kompetenzen im Fach Englisch.

    DPhV-Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing sagt zum IQB-Bildungstrend 2022: „Dass insbesondere die Ergebnisse für Deutsch an Deutschlands Schulen so schlecht sind, ist ein Armutszeugnis für die Politik der vergangenen Jahre und Jahrzehnte. Hier verstetigen sich Abwärtstrends. Das Interesse der Schülerinnen und Schüler am Deutschunterricht ist zudem bei fast allen niedriger als am Englischunterricht. Eine weitere Ursache für den Abwärtstrend dürfte gemäß dem Fazit des IQB-Bildungstrends beim gestiegenen Anteil der im Ausland geborenen und zugewanderten Jugendlichen der sog. ‚ersten Generation‘ daran liegen, dass sie während der Corona-Pandemie zuhause zu wenig Deutsch gesprochen haben. Auch hier zeigt sich, dass Unterschiede im Sprach- und Bildungshintergrund im Zusammenhang mit schulischen Leistungen durch die Schule allein nicht aufgelöst werden können. Bestimmte Probleme sind hingegen hausgemacht: überlastete und zu wenig Lehrkräfte, viele fachfremd unterrichtende Lehrkräfte, schlechte Ausstattung der Schulen, zu wenige Unterrichtsstunden Deutsch, zu wenige Ressourcen für Integration – all das mahnen wir seit Langem an“, so Lin-Klitzing weiter. „Gleichzeitig zeigt sich aber auch in dieser Untersuchung wieder, dass die Lehrkräfte ihr Bestes geben, ihren Beruf immer noch und immer wieder gerne und mit hoher Anstrengungsbereitschaft ausüben, was die Schülerinnen und Schüler spiegeln: Sie geben auch in diesem Bildungstrend 2022 für ihre Schule hohe Zufriedenheitswerte an und fühlen sich dort gut integriert.“

    Schülerinnen und Schüler in Bayern und Sachsen zeigen im gegenwärtigen gemessenen Abwärtstrend in ihren differenzierten Schulsystemen und ihren hohen Leistungsanforderungen für die untersuchten Deutschkompetenzen die jeweils besten Ergebnisse gegenüber allen anderen Bundesländern sowohl im Lesen als auch im Zuhören als auch in der Orthografie. Das Gegenteil gilt für Bremen und Berlin, wie der IQB-Bildungstrend 2022 gezeigt hat.

    Lin-Klitzing: „Gute Fähigkeiten im Fach Deutsch, im Lesen, Schreiben und Zuhören sind die Basis für Leistungsfähigkeit, für Zusammenhalt und für Demokratiebildung. Unser Appell an die Politik: Stoppen Sie diesen Abwärtstrend, stärken Sie die Lehrkräfte und ihre Schülerinnen und Schüler!“

    Mit dem IQB-Bildungstrend 2022 werden zum dritten Mal nach 2008/2009 und 2015 die Kompetenzstände der Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe in den Fächern Deutsch, Englisch und Französisch (jeweils erste Fremdsprache) am gemeinsamen Maßstab der Bildungsstandards überprüft. Damit werden evidenzbasierte und differenzierte Aussagen möglich, inwieweit sich das Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I in den einzelnen Ländern in den sprachlichen Fächern im Zeitverlauf von 13 Jahren (Deutsch, Englisch) bzw. 14 Jahren (Französisch) verändert hat. Im Fach Deutsch wurden die Kompetenzen in den Bereichen Lesen, Zuhören und Orthografie überprüft. In den Fächern Englisch und Französisch wurden jeweils das „Leseverstehen“ und das „Hörverstehen“ getestet.

     

     

    Der Deutsche Philologenverband (DPhV) ist die Dachorganisation der Philologenverbände der Bundesländer. Die Mitglieder sind Lehrkräfte an Gymnasien und anderen Bildungseinrichtungen, die zum Abitur führen, sowie Lehr­beauftragte an den Hochschulen, vornehmlich in der Lehrerbildung. Der Verband wurde 1903 in Halle gegründet und organisiert zurzeit 90.000 Einzelmitglieder in 15 Landesverbänden. Er unterstützt die Zusammenarbeit mit Lehrerverbänden im In- und Ausland und ist Mitglied im „dbb beamtenbund und tarifunion“.

     

     

     

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