Unterrichten an einer Auslandsschule – prägend für das ganze Leben

    Karlheinz Wecht ist seit 30 Jahren im Vorstand des Verbands Deutscher Lehrer im Ausland VDLiA aktiv und seit 2007 der Vorstandsvorsitzende, 2023 gibt er das Amt an seine Nachfolge ab. Mit Profil sprach er über seine Erfahrungen im Ausland und über seine Arbeit für den VDLiA.

    Profil: Herr Wecht, Sie haben acht Jahre lang, von 1984 bis 1992, an der Deutschen Schule Alexander von Humboldt in Lima/Peru unterrichtet. Was gab für Sie damals den Impuls, ins Ausland zu gehen?

    Karlheinz Wecht: Ich hatte schon als Student gehört, dass Lehrkräfte auch an den Deutschen Auslandsschulen eingesetzt werden können. Damals hörte ich von einem Kollegen, der in Gabun eingesetzt war. Das hat mich fasziniert. Wenn man so jung ist, will man natürlich die Welt kennenlernen. Gleich, nachdem ich auf Lebenszeit verbeamtet worden war, habe ich den Antrag auf Auslandsschuldienst gestellt. Meine Frau und ich haben Lateinamerika als Präferenz angegeben und kamen dann als Familie mit unseren kleinen Kindern nach Peru.

    Mein erster Schulleiter in Deutschland wollte mich damals eigentlich in Richtung Schulleitung fördern.  Als ich ihm sagte, dass ich ins Ausland gehen will, kam ein Spruch, den ich nie vergessen werde und den es leider heute auch noch oft genug gibt: „Dann ist für Sie die Karriere im Inland beendet.“ Dabei hat sich herausgestellt: Gerade durch meine Erfahrungen – pädagogisch und administrativ – im Ausland habe ich später auch im Inland Karriere machen können.

    Profil: Wie haben sich Ihre Erfahrungen im Ausland dann für Ihren Schuldienst in Deutschland ausgewirkt?

    Wecht: Ich hatte unheimlich viele schöne Erfahrungen im Ausland und habe gesehen, wie man Schule auch machen kann und wie positiv die Kinder darauf reagieren.  Dadurch, dass die deutschen Auslandsschulen in den jeweiligen Gastländern in der Konkurrenz zu anderen Privatschulen stehen, ist ein qualitätsvoller Unterricht und eine hervorragende Ausstattung unabdingbar. Ich fühlte mich herausgefordert, pädagogisches Neuland mit dem damals aufkommenden Informatikunterricht zu betreten und die Schule mitzugestalten. Ein derartiges Umfeld motiviert außerordentlich, erweckt Begeisterung für die Arbeit und erzeugt eine große Zufriedenheit. Meine Tätigkeit im Auslandsschuldienst hat mein Berufsleben entscheidend geprägt und mich in meiner Persönlichkeitsentwicklung deutlich vorangebracht.

    Es waren zwar nur acht Jahre, aber die hatten großen Einfluss auf meine ganze Familie! Viele Auslandsschullehrer werden es Ihnen bestätigen: Einfach mal über den Tellerrand hinauszublicken, um zu erfahren, wie es ist, an einer anderen Schule, in einem anderen Kontext, in einer anderen Kultur zu unterrichten, und sich auf die Begegnung mit dem Fremden einzulassen, prägt ungemein. Ich hätte gerne eine Zweitvermittlung ins Auge gefasst, aber das ging aus verschiedenen Gründen nicht mehr, daher habe ich mich im Vorstand des VDLiA engagiert.

    Karlheinz Wecht, Vorstandsvorsitzender des Verbands Deutscher Lehrer im Ausland VDLiA gemeinsam mit der Vorstandsvorsitzenden des Weltverband Deutscher Auslandsschulen WDA, Friederike Gribkowski, auf dem Kongress des WDA in Athen. (Foto: WDA)

    Profil: Ist es seit Ihrer eigenen Zeit im Ausland inzwischen schwieriger geworden, als Lehrkraft ins Ausland zu gehen?

    Karlheinz Wecht: Das lässt sich durchaus so sagen, alle Bundesländer haben ja auch Lehrermangel, da ist man dann natürlich nicht glücklich, wenn Kollegen ins Ausland gehen wollen. Das ist auf der einen Seite nachvollziehbar, auf der anderen Seite haben sich die Länder verpflichtet, eine gewisse Anzahl von Kolleginnen und Kollegen nach dem Königsteiner Schlüssel dafür freizustellen.

    Da es kein Personalvertretungsrecht für die Lehrkräfte im Ausland gibt, versuchen wir vom VDLiA die Kolleginnen und Kollegen gegenüber den fördernden Stellen zu vertreten.  Durch unsere Kontakte zur Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und zum Auswärtigen Amt gelingt es uns oft, auf der informellen Ebene Lösungen zu finden. Außerdem betreiben wir Lobbyarbeit im Bundestag, vor allem im Hinblick auf die Finanzen für das Auslandsschulwesen.

    Die meisten Auslandsschullehrkräfte sind Gymnasiallehrer, deshalb ist auch der Philologenverband ein sehr wichtiger Ansprechpartner für uns als VdLiA, ich bin daher sehr dankbar dafür, dass die DPhV-Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing eine Ader für die Auslandsschulen hat.

    Profil: Welche Wege führen in den Auslandsschuldienst?

    Wecht: Verbeamtete und fest angestellte Lehrkräfte bewerben sich zunächst bei ihrem Dienstherrn im jeweiligen Bundesland. Dazu gibt es Antragsformulare auf der Internetseite der ZfA (www.auslandsschulwesen.de), wo im Übrigen der Bewerbungsprozess sehr ausführlich erläutert wird. Die dann auf diesem Weg vermittelten Lehrkräfte werden als Auslandsdienstlehrkräfte (ADLK) bezeichnet. Ein anderer Weg in den Auslandsschuldienst zu kommen, steht auch nicht verbeamteten Lehrkräften mit zweitem Staatsexamen offen. Dieses sogenannte Bundesprogramm wurde ursprünglich für Lehrkräfte geschaffen, die nach dem zweiten Staatsexamen zunächst keine Anstellung in Deutschland bekommen haben. Heute können sich alle examinierten Lehrkräfte auf diese Art der Vermittlung bewerben und werden unter der Bezeichnung Bundesprogrammlehrkräfte (BPLK) geführt. Auch dazu gibt die Internetseite der ZfA ausführlich Auskunft. Darüber hinaus kann man sich auch auf der Internetseite des Verbandes Deutscher Lehrer im Ausland (VDLiA) www.vdlia.de über die Chancen einer Vermittlung informieren. Mitgliedern des Verbandes steht außerdem jederzeit eine telefonische Beratung zu allen Fragen des Auslandsschulwesens offen.

    Das Auslandsschulwesen ist ein komplexes Thema, das man in der Kürze nicht vollumfänglich erläutern kann. Vor einer Vermittlung in den Auslandschuldienst ist daher eine intensive Beratung zu empfehlen. Vor allem über steuerliche Fragen, Kindergeld, Krankenversicherung oder die Altersvorsorge sollte man sich gründlich informieren und Rat einholen.

    Profil: Was wünschen Sie jetzt zum Ende Ihrer Amtszeit dem VDLiA und den zukünftigen Auslandsschullehrkräften für die Zukunft? Gibt es da etwas, was Ihnen besonders am Herzen liegt?

    Wecht: Die Begeisterung für das Auslandsschulwesen hat mich diese 30 Jahre in diesem Vorstand gehalten, und auch wenn ich jetzt als Vorstandsvorsitzender aufhöre, stehe ich dem Vorstand gerne mit meinem Rat zur Seite. Ich wünsche allen Lehrkräften, dass sie sich dafür interessieren, an einer Auslandsschule zu arbeiten, und nicht nur auf die Aufstiegsmöglichkeiten im Inland blicken. Gehen Sie für ein paar Jahre in den Auslandsschuldienst, Sie werden es nicht bereuen. Ich hoffe für Sie, dass sie dann ohne große Umstände und Wartezeiten freigestellt werden.

    Eine Tätigkeit im Auslandsschuldienst erhöht die eigenen Kompetenzen enorm, man lernt ungeheuer viel dazu, und das sollten auch die deutschen Behörden immer wissen: Die Kolleginnen und Kollegen kommen zurück und bringen ungeheuer viel Neues für die eigene Schule mit, neue Ideen und Innovationen. Kultusministerien und Schulämter fragen die Rückkehrer leider viel zu selten: „Was haben Sie Neues gelernt, was können Sie uns empfehlen, wo können wir besser werden?“ Das Auslandsschulwesen ist ein ungeheurer Schatz, nicht nur für unsere auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, sondern auch für das Schulwesen im Inland, durch die Erfahrungen der zurückkehrenden Lehrkräfte.

    Profil: Vielen Dank für das Gespräch!

    Nach oben