Drei Fragen an… Gabriela Kasigkeit

    1. Liebe Gabriela Kasigkeit, Sie leiten seit 2005 die AG für frauenpolitische Fragen: Was macht diese Arbeit so wichtig – für Sie, für die Lehrerinnen im Verband und an den Gymnasien? Welche Themen sind Dauerbrenner für die frauenpolitische AG?

     

    Frauen sind in der Gesellschaft und auch im Bildungssystem nach wie vor mit struktureller Diskriminierung und Benachteiligung konfrontiert.

    Geschlechtsspezifische Stereotype und Vorurteile wirken sich auch auf die Arbeit der Lehrerinnen an den Gymnasien aus. Frauenpolitische Arbeit trägt dazu bei, diese spezifischen Herausforderungen zu identifizieren und Lösungen zu finden, um Frauen zu stärken und zu unterstützen sowie ihre Interessen und Bedürfnisse zu vertreten.

    Es gibt verschiedene Themen, die immer aktuell und wichtig für unsere frauenpolitische Arbeit sind, die Förderung von Mädchen und Frauen, damit sie in ihren Bildungs- und Berufschancen gleichgestellt sind, steht da ganz oben. Dazu gehört z. B., geschlechtsspezifische Stereotype zu vermeiden, Chancengleichheit im Beruf zu ermöglichen und flexible Arbeitszeiten und andere Maßnahmen zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.  Das alles trägt dazu bei, dass mehr Frauen Führungspositionen im Bildungsbereich anstreben können.

    Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der Gesellschaft stellt nach wie vor ein ernstes Problem dar. Die frauenpolitische Arbeit im DPhV trägt dazu bei, ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen und stellt Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen vor.

    Frauenpolitische Arbeit ist für die Kolleginnen am Gymnasium und auch innerhalb unseres Verbandes notwendig. Eine geschlechtergerechte Interessenvertretung stärkt die Gewerkschaftsbewegung insgesamt und fördert das Engagement von Frauen im DPhV.

     

    2. Wenn Sie auf diese Zeit zurückblicken – welche Fortschritte für Frauen im Verband und im Beruf als Lehrerin am Gymnasium hat es seitdem gegeben? Oder gab es möglicherweise auch Rückschritte?

     

    Es gibt heute ein größeres Bewusstsein für geschlechtsspezifische Diskriminierung und die Bedeutung von Frauenrechten, so Gabriela Kasigkeit. Die Anliegen der Frauen und Politik für Frauen ist zunehmend in den Fokus von Politik und Gesellschaft gerückt und ist auch fester Bestandteil der Verbandsarbeit.

    Damit wurden Fortschritte bei der Förderung der Gleichstellung von Mädchen und Frauen im Bildungssystem, selbstverständlich auch am Gymnasium erzielt.

    In unserem Verband werden inzwischen die Ressourcen gerecht verteilt, wenn es um Sitzungen, Referenten, Veranstaltungen u. Ä. geht, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse und Interessen von Frauen und Männern in gleicher Weise berücksichtigt werden.

    Es ist gelungen, die Partizipation von Frauen in Bildungs- und Arbeitsfragen zu erhöhen und ein starkes Netzwerk innerhalb und außerhalb des Verbandes aufzubauen.

    Leider mussten wir während der Corona-Krise einen gewissen Einbruch verzeichnen. Gesellschaftliche Ungleichheiten und Geschlechterstereotype haben sich in dieser Phase auch im Bildungsbereich zum Teil wieder verschärft, und die Pandemie hat die nach wie vor bestehende Dominanz der traditionellen Geschlechterrollen verdeutlicht. Das Arbeiten von zu Hause hat erhebliche Auswirkungen auf uns alle gehabt: Doch die Folgen unterscheiden sich für Frauen und Männer. Beide arbeiten in dieser Situation länger, doch die Männer mehr in der beruflichen Tätigkeit, die Frauen übernehmen dagegen wieder einen größeren Anteil der Sorgearbeit für die Familie. Sie profitieren damit seltener von der neuen Flexibilität in der Digitalisierung – neue Medien, alte Klischees?! Bei dieser neuen-alten Problematik packen wir an und wollen Schwierigkeiten überwinden und die Chancen, die sich durch die Digitalisierung zweifellos ergeben, für unsere Arbeit im Verband aber auch im Gymnasium nutzen.

    Fähigkeiten sind gleich verteilt, für alle gilt gleichermaßen: ohne Bildung keine Karriere.

    Jeder Mensch kann die Motivation und die Kompetenz entwickeln zu erkennen, wann das eigene Denken, Fühlen und Handeln von einem Stereotyp beeinflusst ist – und diesem Einfluss dann gezielt entgegenwirken. Männer und Frauen auf Augenhöhe im DPhV!

     

    3. Was wünschen Sie sich für die Zukunft – für die frauenpolitische Arbeit im Verband und an den Gymnasien in Deutschland, Frau Gabriela Kasigkeit?

     

    Frauen, die sich in unserem Verband engagieren, haben in der Regel unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse. Uns vereint selbstverständlich der Wunsch nach einer gerechteren und gleichberechtigten Gesellschaft, in der Frauen und Männer die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben sowie eine größere gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit von Frauen im Beruf, in der Familie und in der Gesellschaft insgesamt.

    Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die verstärkte Vertretung von Frauen in politischen Entscheidungsgremien und Führungspositionen sowie eine starke Vernetzung mit Gleichgesinnten stehen auf unserer Agenda.

    All diese demokratischen Errungenschaften sind keine Selbstverständlichkeiten, die einfach in Stein gemeißelt sind, sondern sie müssen regelmäßig wieder erkämpft werden, egal wie unnötig einem die Debatte um Gleichberechtigung vorkommt. Viele denken: „Mein Gott, ihr könnt ja alles tun, was ihr wollt!“ – das stimmt so beileibe nicht, es ist etwas, das ständig und immer wieder erkämpft werden muss. Die Zeit, diesen Kampf allein den Frauen zu überlassen, ist vorbei, auch weil wir alle von einer gerechteren und vielfältigeren Gesellschaft profitieren.

    Die Arbeit in der frauenpolitischen AG des DPhV stellt eine Herausforderung dar, ist jedoch ebenso ein Gewinn für jede von uns. Es klingt vielleicht pathetisch: Wir unterstützen uns in verbandspolitischen, alltäglichen und beruflichen Angelegenheiten, kämpfen um größere Anerkennung unseres Ehrenamtes in der Politik und stehen füreinander ein. Von daher empfinde ich die Arbeit im DPhV als Bereicherung und nicht als Belastung. Ich wünsche mir, dass wir noch mehr Frauen, die Schülerinnen und Schüler zum Abitur bringen, motivieren können, sich uns anzuschließen. Nur mit den Frauen sind wir ein starker Verband.

    Gabriela Kasigkeit DPhV

    Gabriela Kasigkeit ist Lehrerin für Psychologie, Deutsch, Russisch und Englisch, sie leitet seit 2005 als Vorsitzende die Arbeitsgemeinschaft für frauenpolitische Fragen im DPhV. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Philologenverbands Berlin/Brandenburg.

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