PHVN: „Wer das Fachlehrer-Prinzip aufgibt, bei dem stimmt die Chemie nicht mehr.“

    Mischfächer verschleiern den Mangel, deprofessionalisieren den Lehrerberuf und schwächen den Bildungsstandort Deutschland

    Das mittlerweile allgegenwärtige Thema „Lehrkräftemangel“ treibt immer wildere Blüten. Die von GEW-Landeschef Störmer geforderte Zusammenlegung von Fächern, damit man Lehrkräfte an den Schulen flexibler einsetzen könne, was aus seiner Sicht auch pädagogisch sinnvoll sei, ist ein Frontalangriff auf das Fachlehrer-Prinzip an den niedersächsischen Schulen. Das Kultusministerium springt auf diesen Zug auf. Es könne in Zukunft Haupt-, Real- sowie Oberschulen ermöglicht werden, manche Fächer zusammenzufassen. Eine entsprechende Änderung sei bis zum 1. August 2025 geplant. „Das Kultusministerium würde aber Vorgriffsregelungen gestatten“, erklärt eine Sprecherin der Ministerin.

    „Es ist fraglich, wer sich hier durch wen inspiriert fühlte. Aber es scheint eine ausgemachte Sache zwischen GEW und Frau Hamburg zu sein, den Lehrerberuf deprofessionalisieren zu wollen“, stellt Dr. Christoph Rabbow, Vorsitzender des Philologenverbandes Niedersachsen fest. Das Ministerium gebe offenbar die originäre Lehrkraft-Ausbildung auf. „Statt die Lehrkräfte-Ausbildung zu modernisieren, so wie der Philologenverband es mit einem stimmigen Gesamtkonzept seit Jahren vorschlägt, arrangiert sich Frau Hamburg nun mit dem Mangel, um durch die Hintertür den Einheitslehrer einzuführen“, so Rabbow. Das Propagieren des gemeinsamen Unterrichts der Fächer Chemie, Biologie und Physik oder Geschichte, Politik und Erdkunde als „gelebte Praxis“ an Gesamtschulen, die den Unterrichtseinsatz erleichtere und die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern verbessere, habe nur einen Zweck: Die erste Stufe zur Einheitslehrkraft, die „alles unterrichten kann“.

    „Dieser Schulterschluss zwischen GEW und Kultusministerin führt zur Auflösung des Fachprinzips und die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen wird bewusst aufgegeben“, kritisiert Rabbow. „Wie soll man von einer Ober- oder Realschule in die gymnasiale Oberstufe wechseln, wenn man statt differenzierten Fächern ,NaWi- oder Geselle-Unterricht‘ hatte? Das Fach Chemie mit seinen spezifischen Eigenschaften und dem Denken in facheigenen Basiskonzepten lässt sich eben nicht von einem Biologielehrer oder eine Physiklehrerin – ohne Ausbildung in diesem Fach – unterrichten. Gleiches gilt natürlich auch umgekehrt. Wer das Fachlehrer-Prinzip aufgibt, bei dem stimmt die Chemie nicht mehr“, so Rabbow. Nur fachlich ausgebildete Lehrkräfte seien in der Lage ihre Fächer fach- und sachgerecht zu vermitteln, so dass Schülerinnen und Schüler entsprechende Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangen. „Was vordergründig nach einer planvollen Idee zum flexiblen Unterrichtseinsatz aussieht, ist der erste Schritt zur Umsetzung der Gesamtschule als Regelschule in Niedersachsen. Das werden wir nicht hinnehmen“, verdeutlicht Rabbow.

    „Wir fordern Frau Ministerin Hamburg auf, sich zur Stärkung des Fachlehrerprinzips durch eine fundierte Ausbildung in der ersten und der zweiten Phase zu bekennen. Die Einführung des Stufenlehrers führt zu Beliebigkeit im Unterricht“, erklärt Rabbow. Hubertus Heil warb am Wochenende in Goslar „nicht nur Master sondern auch Meister“ brauche es und dazu sei eine stärkere Berufsorientierung notwendig. „Den Grundstein für die Berufsorientierung legen wir in den Schulen. Wer wird denn überhaupt noch auf naturwissenschaftlich-technische Berufe aufmerksam, wenn in der Schule gar nicht mehr nach konkreten Fächern unterrichtet wird? Im internationalen Wettbewerb verlieren wir so endgültig den Anschluss. Mischfächer verschleiern den Mangel, deprofessionalisieren den Lehrerberuf und schwächen den Bildungsstandort Deutschland“, so Rabbow abschließend zum Fachlehrer-Prinzip.

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