PhVN: Landtagswahl 2022: Bildungspolitik ist Zukunftspolitik!

    Niedersachsen steht vor der Wahl. Nach fast fünf Jahren Rot-Schwarz – einer keineswegs „großen“ Koalition – geht es einmal mehr um eine wichtige Entscheidung für die Zukunft, denn Bildungspolitik ist Zukunftspolitik. Die letzten Jahre waren durch oft quälenden Stillstand in den wichtigen Zukunftsfragen geprägt. Da können sich die Regierungsparteien nicht hinter den Verweis auf die Pandemiebewältigung zurückziehen. Natürlich hat Corona Zeit und Ressourcen gekostet, das kann und will niemand kleinreden. Aber neben den Reaktionen auf die Herausforderungen während der Hochphase der Viruseindämmung hätte dennoch der Wille zur politischen Gestaltung durchblitzen müssen – und zwar über die Pandemie hinaus.

    Das Umschalten blieb aus: Flickschusterei statt Modernisierung

    Niedersachsen hat im Vergleich der Bundesländer eine Regierung mit Augenmaß erlebt. Unsicherheit gab es in den letzten Jahren genug, die Politik der ruhigen Hand kam da gerade recht. Allein das Umschalten auf Politikgestaltung blieb aus. Weder Rot noch Schwarz haben es geschafft, wieder aktiv zu regieren. Zunächst ging es ums Aufarbeiten, dann ums Analysieren und oh Wunder, jetzt ist schon wieder Wahlkampf. Da werden wichtige Entscheidungen auf die Zeit nach der Wahl vertagt, denn das zahlt sich jetzt ja nicht mehr aus.

    Doch, liebe Regierungsverantwortliche, genau das zahlt sich aus! Das bloße Denken und Handeln in Legislaturperioden ist das zentrale Problem, denn diese Kurzfristigkeit läuft notwendigen Entscheidungen in den meisten Politikfeldern entgegen. Insbesondere in der Bildungspolitik ist dies fatal. Wer kennt nicht den Begriff „Schweinezyklus“, der auch im Bereich der Lehrkräfteeinstellung immer wieder fällt. Die Auswirkungen dieses Kreislaufs erleben wir gerade wieder – übrigens in ganz Deutschland! Aber nicht nur beim Mangel an Lehrpersonal, sondern auch bei Investitionen in die notwendige Infrastruktur wird nur kurzfristig gedacht und gehandelt. Flickschusterei statt Modernisierung lautet das Motto.

    Wohin geht die Reise für Niedersachsens Bildungspolitik?

    Gerade so kurz vor der Wahl lohnt es sich einen genauen Blick in die Parteiprogramme zu werfen. Wer will was, wohin geht die Reise für Niedersachsens Bildungspolitik? Der Vergleich der Programme ist nicht leicht, zu unterschiedlich fällt offenbar schon die Gewichtung von Bildung und Schule aus. Den hohen Stellenwert von Bildungspolitik heben selbstredend alle Parteien hervor. Uns geht es hier in erster Linie um die Punkte, die unseren Verband, unsere Mitglieder und auch Schülerinnen und Schüler sowie Eltern betreffen. Hier finden sich in der konkreten Ausgestaltung deutliche Unterschiede bei den momentan im Niedersächsischen Landtag vertretenen Parteien. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die unterschiedlichen Umfänge der betrachteten Punkte ergeben sich aus der jeweiligen Behandlung in den Programmen.

    Exemplarisch an drei für den PHVN wichtigen Schwerpunkten im Sinne von “Bildungspolitik ist Zukunftspolitik” wollen wir einen Blick in die Programmatik werfen und aufzeigen, welche Wahl Niedersachsen am Ende hat:

    1. Lehrkräfte: Gewinnung, Ausbildung und Wertschätzung
    2. Schulsystem
    3. Entlastungen und Arbeitsbedinungen

    Die Übersicht verdeutlicht, dass es insbesondere in den Fragen der Ausbildung der Lehrkräfte sowie der Schulstruktur deutliche Unterschiede bei den Parteien gibt. Von einem Bestandsschutz aller Schulformen bis hin zum angekündigten schrittweisen Zusammenschmelzen auf „eine Schulform für alle“, sind die möglichen politischen Handlungsrahmen weit gesteckt. Auch deshalb geht es bei dieser Wahl um eine Grundsatzwahl in der Bildungspolitik. Die Schulen sind und waren in der Vergangenheit oft Spielball ideologischer Interessen, was immer zum Leidwesen der Bildung an sich sowie aller an ihr beteiligten Personengruppen ausfiel. Daher benötigt gerade die Bildungspolitik eine klare und verlässliche Linie, die nicht nur kurzfristigen Trends folgt. Wichtig bleibt der Blick auf die Gesamtheit bildungspolitischer Inhalte.

    Farbenspiel im politischen Tuschkasten?

    Was ist also in und für Niedersachsen zu erwarten? Einen Blick in die Zukunft würden viele gerne erhaschen, bisweilen bleibt nur der Blick in die Kristallkugel mit dem Abwägen wahrscheinlicher Möglichkeiten. So plakativ wie in unserem Überblick dargestellt, verhält es sich in der Realität sicher nicht, da müsste es schon für eine Alleinregierung einer Partei reichen. Die nach derzeitiger Ausgangslage möglichen oder wahrscheinlichen Farbenspiele werden aber wie beim Malen mit dem Tuschkasten enden. Am Ende bleibt keine Farbe in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Farbgebungen beim Mischen der Tusche vorhersehbar sind, im politischen Farbkasten sind sie dies zumeist nicht. Welcher Partner einer möglichen Koalition in welchem politischen Themenfeld am Ende Verantwortung übernimmt und welches bunte Gemenge der Vertrag am Ende enthält, das wissen derzeit nicht einmal die Parteien selbst.

    Die Aufzählung unserer Vergleichspunkte zeigt eine deutliche Richtung auf. Es ist davon auszugehen, dass zwei Partner, die für die Umgestaltung des Schulsystems hin zu mehr Vereinheitlichung sind, diese auch in ihrem Koalitionsvertrag festschreiben. Bestehen hier grundsätzlich große Unterschiede in den Überzeugungen, wird am Ende eher der verhaltene Kompromiss stehen. Dann geht es um kleine Reformen, keine allzu großen Eingriffe, bei dem ein Partner sein Gesicht verlieren würde. Und immer bleibt am Ende noch der Test an der Realität, spätestens, wenn es um die Finanzierung der erwogenen Projekte geht.

    Als Verband können und wollen wir keine Wahlempfehlung abgeben. Wir sind und bleiben überparteilich. Mit Nachdruck empfehlen wir aber, die Programme sehr genau zu lesen, die Möglichkeiten zu durchdenken und dann eine Entscheidung zu treffen, die im Sinne von “Bildungspolitik ist Zukunftspolitik” sinnvoll ist. Mit der Ausbildung jetziger und künftiger Schülerinnen und Schüler steht und fällt die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft unseres Landes. Ebenso steht und fällt die berufliche Zukunft der Lehrkräfte mit der Ausrichtung dieser Politik, egal ob sie noch ausgebildet werden oder schon im Dienst stehen.

    Wenn auch die Bildungspolitik nicht das allein ausschlaggebende Thema der Wahlentscheidung sein kann, sollte sie großes Gewicht haben. Denn Bildungspolitik ist Zukunftspolitik!

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