PhV BW zum Schulversuch „Grundschule ohne Noten“

    · Philologenverband kritisiert geplante Neuauflage des Schulversuchs „Grundschule ohne Noten“
    · Verbalbeurteilungen mit vorgeschriebenermaßen ausschließlich positiven Formulierungen geben nicht die notwendigen klaren Rückmeldungen, wenn es „nicht rund“ läuft
    · Die Erfahrungen aus dem ersten Schulversuch waren negativ: Grundschüler „ohne Noten“ hatten nach Aussage der aufnehmenden, weiterführenden Schulen deutlich geringere Kenntnisse bei ihrem Start in Klasse fünf

    Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) reagiert mit Kopfschütteln auf die neueste Pirouette in der baden-württembergischen Schulpolitik: die geplante Neuauflage des schon vor fünf Jahren gescheiterten Schulversuchs „Grundschule ohne Noten“, der ab dem kommenden Schuljahr an 39 Grundschulen erneut durchgeführt werden soll.

    „Kinder und Jugendliche wollen sich vergleichen und suchen Herausforderungen“, erklärt der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl. „Von daher ist die Idee, sie vor allen Schwierigkeiten und Hindernissen zu bewahren und daher auf Noten zu verzichten, schon vom Ansatz her verfehlt.
    Außerdem hat Schule einen Erziehungsauftrag: Im Rahmen der Schule müssen die Kinder auch lernen, dass Anforderungen von außen an sie gestellt werden, und dass sie sich anstrengen müssen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.“

    Mit Verbalbeurteilungen, die nach Vorgabe nur positive Formulierungen enthalten dürfen, werden Kinder und Eltern in Scheinsicherheit gewiegt. Das Wohlbefinden der Grundschulkinder und die Zufriedenheit der Eltern wird damit während der Grundschulzeit absehbar steigen. Lernen werden die Kinder aber weniger als gleichaltrige „benotete“ Grundschüler. Das zeigen die Erfahrungen aus dem ersten Schulversuch, der genau aus diesem Grund 2017 abrupt beendet wurde.

    „Wir hoffen, dass die wissenschaftliche Evaluation dann nicht nur das Wohlbefinden der Kinder untersucht, wie 2016 in der WissGem-Studie bei der Evaluation der Gemeinschaftsschule. Die wissenschaftliche Evaluation muss auch den Wissensstand der Kinder objektiv und akribisch untersuchen“, so Ralf Scholl.

    „Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Nicht weil wir das wollen, sondern weil wir mit unseren Firmen auf dem Weltmarkt in internationalem Wettbewerb stehen. Den Leistungsgedanken aus der Schule zu verbannen, ist daher wirklich keine gute Idee“, erklärt der PhV-Vorsitzende abschließend.

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