Solide Brücken kann man nicht kurzfristig bauen – bpv kritisiert Förderprogramm der Staatsregierung und mahnt mehr Unterstützung der Schulen an

    Seit zwei Wochen sind die Schülerinnen und Schüler wieder in den Klassenzimmern zurück. Mit dem Förderprogramm „gemeinsam.Brücken.bauen“ will die Staatsregierung die Coronalücken auffangen. Aus Sicht des Bayerischen Philologenverbands (bpv) zeigt sich in der Praxis, dass das Programm allenfalls ein Anfang sein kann. Außerdem fordert der Verband der Lehrkräfte an Gymnasien und Beruflichen Oberschulen für das nächste Schuljahr mehr Anstrengungen bei der Sicherstellung des Schullebens in Präsenz.

    Michael Schwägerl, der Vorsitzende des bpv, meint: „Nach zwei Wochen Schulbetrieb ist klar: Das Förderprogramm ‚gemeinsam.Brücken.bauen‘ greift zu kurz. Es zeigt guten Willen, doch Geldmittel allein reichen bei weitem nicht aus, um die Schülerinnen und Schüler nachhaltig individuell zu unterstützen. In so kurzer Zeit kann kaum geeignetes Personal gefunden werden. Stabile Brücken sind damit noch in weiter Ferne.“

    Aus Sicht des bpv gilt es bei den Rahmenbedingungen und beim Fokus des Programms gemeinsam.Brücken.bauen nachzubessern:

    Den Rahmen vergrößern

    Mit den Maßnahmen bis zum Ende der Sommerferien wird bestenfalls das Fundament gelegt. Wer aber solide ‘gemeinsam.Brücken.bauen’ will, der darf nicht beim Fundament aufhören. „Es ärgert uns, dass die bayerischen Mittel nur bis 12. September bereitgestellt sind. Zum Aufholen braucht man aber mehr Zeit und auch mehr personelle Ressourcen, 20 Millionen können nur ein Anfang sein. Die Förderung muss mindestens für das ganze nächste Schuljahr ausgelegt werden und die Mittel dafür dürfen nicht tröpfchenweise kommen. Es geht nicht darum, kurzfristig aktiv zu werden. Bildungsprozesse sind Großprojekte, erfordern solide Planung und Nachhaltigkeit – wie bei einem Brückenbau. Deswegen fordern wir mindestens eine feste zusätzliche Planstelle pro Schule, damit die Förderung durch professionelle, qualifizierte Begleitung in den nächsten Schul­jahren wirken kann. Denn eines ist klar: Wir dürfen die Schüler im neuen Schuljahr nicht überfordern. Lücken aufzuarbeiten und gleichzeitig im Normaltempo im Stoff voran­zuschreiten ist nicht sinnvoll und widerspricht lernpsychologischen Erkenntnissen. Des­wegen sollte man auch darüber nachdenken, die Schwerpunktsetzungen in den Lehr­plänen für die kommenden Jahre aufgrund der Sondersituation weiter zu präzisieren.“

    Den Fokus verschieben – Soziales Schulleben stärken

    Leider hat man im vergangenen Herbst einen Großteil des Wahlunterrichts und viele gemeinschaftsbildende, motivierende Aktivitäten zugunsten von Corona-Fördermaß­nahmen geopfert oder man musste aufgrund von Pandemie-Einschränkungen darauf verzichten. Diese Angebote sollten im kommenden Herbst erhalten und sogar verstärkt werden, wenn es die Pandemielage zulässt.

    „Den Fokus nur auf individuelle Lernrückstände und den Lehrplan zu richten, greift zu kurz, denn der Bildungsauftrag von Schule hat zwei Säulen: Wissen und Können zu vermitteln und gleichzeitig Herz und Charakter zu bilden. Das eine ist ohne das andere nicht möglich. Wir brauchen auch deshalb für die nächsten Schuljahre personelle Unterstützung und Freiräume, um gerade die sozialen und persönlichkeitsbildenden Aktivitäten in der Schule wieder aufleben zu lassen und zu stärken“, erläutert Schwägerl, und fährt fort: „Aus Fehlern zu lernen gehört zum Bildungsprozess und der Herbst 2021 darf kein Herbst 2020 werden. Die Politik sollte deshalb den Sommer nutzen und die nötigen Vorkehrungen treffen, damit die Schulen vor einer möglichen 4. Welle bewahrt bleiben. Was wäre Schule ohne Projekte, Musik- und Theateraufführungen, Exkursionen und Fahrten? Die bayerischen Schulen auch in dieser Hinsicht pandemiesicher aufzustellen – das ist der Auftrag an die Politik für den Herbst.“

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