Testchaos an den bayerischen Schulen – bpv plädiert für Tests außerhalb des Schutzraums Klassenzimmer

    Deutliche Kritik übt der Bayerische Philologenverband (bpv) an dem Testkonzept, das die Politik seit dieser Woche an den Schulen umsetzen möchte. Auf einer Pressekonferenz erläuterten die Vertreter der Lehrkräfte an Gymnasien und Beruflichen Oberschulen, welche organisatorischen und pädagogischen Fragen beim derzeitigen Testkonzept offenbleiben und wie das Testen der Schülerinnen und Schüler gelingen kann.

    Michael SchwägerlVorsitzender des bpv, erläutert: „An den bayerischen Schulen herrscht momentan Testchaos. Schulen sind aber keine Testzentren, sondern Orte des Lernens und Lehrens. Viele Beteiligte fühlen sich durch die Aussagen der Politik überrumpelt und alleingelassen. Ursprünglich sollten die Tests zuhause stattfinden, jetzt plötzlich im Klassenzimmer. Dabei gibt es vielerorts noch gar keine Tests für Schüler und es ist unklar, wann sie eintreffen. Gerade bei einem solch sensiblen und wichtigen Thema wären klare und verlässliche Ansagen wichtig. Ziel muss es sein, dass nach Ostern nur negativ Getestete am Präsenzunterricht teilnehmen, solange die Herdenimmunität in weiter Ferne liegt. Bis dahin geht es nicht ohne regelmäßige Tests, damit Schule ein Schutzraum ist und bleibt. Sich zu testen muss zur Normalität werden. Diese Solidarität können wir von jedem in der Gesellschaft einfordern.“

    Bianca Rauchenberger und Thomas Prechtl unterrichten am Max-Reger-Gymnasium Amberg und haben wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen etliche offene Fragen: „Ist es sinnvoll, hunderte ungetestete Schüler zuerst mit dem ÖPNV in die Schule zu befördern, um sie dann erst zu testen? Ergibt es Sinn, wenn sich nur ein Bruchteil der Schüler den freiwilligen Tests im Klassenzimmer unterzieht? Warum werden wissentlich in der Klasse Krisensituationen geschaffen, wenn ein Schüler positiv getestet wurde? Wie soll man an einer Schule mit mehreren positiv Getesteten umgehen? Wie verhindert man eine Stigmatisierung innerhalb der Gruppe?“ Die Pädagogen stellen aber auch klar: „Natürlich wollen wir unseren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten und wir stellen uns auch nicht gegen den Präsenzunterricht. Das aktuelle Verfahren trägt aber nicht zur Beruhigung bei, sondern belastet die ohnehin schon schwierige Situation bei den Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrkräften zusätzlich.“

    Stefan Düll, Schulleiter am Justus-von-Liebig-Gymnasium Neusäß, meint: „Die Politik rät uns, nach Österreich zu blicken. Das ist aber wie ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen: In Österreich wird seit Beginn der Schulöffnungen jeder getestet, es herrscht eine Testpflicht für alle und eine FFP2-Maskenpflicht für Schüler über 15. In Bayern hingegen gibt es momentan nur an wenigen Schulen Tests für alle, es sind noch nicht einmal Einweghandschuhe für die Lehrkräfte verfügbar und die Halterungen für die Tests muss man selbst basteln. Vielfach ist es so, dass nur eine Handvoll Schüler den Selbsttest durchführen darf, weil die Erziehungsberechtigten ihre Zustimmung nicht gegeben haben. Aufwand und Nutzen stehen hier in keinem Verhältnis. Das Testen im schulischen Kontext muss schon Hand und Fuß haben!“

     

    Dagmar Bär ist Referentin des bpv für Berufspolitik und erläutert: „Wir Lehrkräfte wollen uns nicht drücken. Ganz im Gegenteil: Wir möchten auf Augenhöhe mitarbeiten, wir möchten Bildung ermöglichen, auch unter Pandemiebedingungen. Dafür brauchen wir aber einen klaren, ehrlichen Rahmen und keine politisch motivierten Alibiaktionen. Wir möchten helfen die Pandemie einzudämmen, doch das vorliegende Konzept scheint die Gefahr eher zu steigern. Mit einem durchdachten Testkonzept kann Sicherheit für 1,7 Millionen Schüler, ihre Eltern und Lehrer hergestellt werden – davon würden viele bayerische Haushalte profitieren. Eine gute Strategie kann ein echter Bremser der Pandemie sein. Deswegen fordern wir regelmäßige Testungen für Schüler und Lehrer im Präsenzunterricht, die außerhalb der Schule stattfinden, zum Beispiel zuhause, in der Apotheke, beim Hausarzt oder im Testzentrum. Positiv Getestete werden nicht in der Klasse präsentiert, müssen nicht in der Schule abgesondert werden und ihre Familienangehörigen können sich sofort ebenfalls testen lassen. In den Schulen herrscht wieder mehr Sicherheit und die positiv getesteten Schüler brauchen keine Angst zu haben, dass sie im Bus oder vor der Schule ihre Freunde angesteckt haben.“

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