„Echte Ursachenanalysen und Lösungsvorschläge, die den Lehrkräftemangel tatsächlich beheben, anstelle einer teuren Symbolpolitik, wie sie momentan propagiert wird!“, das erwartet Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, von der Kultusministerkonferenz und den Ministern aller betroffenen Länder anlässlich der heute veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung. Im Zusammenhang mit dem weiterhin prognostizierten Lehrkräftemangel unterstützt die DPhV-Bundesvorsitzende sämtliche Lösungsvorschläge dieser Bertelsmann-Studie.
Die Ursachen für den derzeitigen Lehrkräftemangel überwiegend an den Grundschulen sieht Lin-Klitzing in zuvor viel zu wenigen Studienplätzen sowie in der Verlängerung der Studiendauer des Grundschullehramtes in den Ländern, die auf Bachelor/Master für das Lehramt umgestellt haben und nicht in einer grundsätzlich zu geringen Eingangsbesoldung. „Zulagen für die jetzt betroffenen Kollegen und Kolleginnen, die aufgrund der kollegialen Mangelsituation hohen Belastungen ausgesetzt sind, sowie mehr und höhere Beförderungsstellen sind notwendig,“, so Lin-Klitzing und hofft, ähnlich wie die Experten der Bertelsmann-Studie, dass dadurch jetzt bereits im Dienst befindliche und gut ausgebildete Lehrkräfte zusätzlich motiviert werden, Teilzeit aufzustocken oder ggf. auch Vollzeitstellen zu übernehmen.
„Zusätzlich und zukünftig muss das Problem des „Schweinezyklus“ bei der Lehrkräfteeinstellung jedoch besser und langfristiger angegangen werden!“, fordert die DPhV-Vorsitzende. Über die Lösungsvorschläge der Bertelsmann-Studie hinaus schlägt sie deshalb folgende konkrete sieben Maßnahmen vor:
- Umgehend ist die Zuverdienstgrenze für pensionierte Lehrkräfte auszusetzen, damit diese in genau dem hohem Stundenmaß eingesetzt werden können, wie es ihnen selbst möglich und der aktuell notwendigen Unterrichtsversorgung dienlich ist, ohne dass die Pensionäre deshalb finanzielle Einbußen erleiden.
- Die länderspezifisch unterschiedlich betroffenen Kultus- und Wissenschaftsministerinnen und -minister nutzen im direkten Kontakt mit den Universitäten die jetzige Akademikerfülle, um in den jeweiligen Studienabschlussjahrgängen für einen Wechsel in die betroffenen Lehramtsstudiengänge zu werben.
- Umgehend ist ein jährlicher Einstellungskorridor für die besten Referendarinnen und Referendare in jedem Fach in jeder Schulart einzurichten. Kultus- und Finanzminister stellen also in jeder Schulart qualitätsorientiert über den aktuellen Bedarf ein, um so bestehendem und zukünftigem Lehrkräftemangel begegnen zu können und Wechseloptionen auf Wunsch in andere Lehrämter zu ermöglichen. Eine 130-prozentige Unterrichtsversorgung ist planerisch umzusetzen, damit eine reale 100-prozentige Unterrichtsversorgung und phasenweises Teamteaching ermöglicht werden.
- Quer- und Seiteneinsteigende müssen sehr gut an den Universitäten nachqualifiziert werden, bevor sie in ein Referendariat gehen. Sachsen hat hierzu ein beispielhaftes Modell modularer Nachqualifikation entwickelt, das der Kultusministerkonferenz als Standard dienen sollte. Die KMK muss sich auf gemeinsame hohe Standards dieser Nachqualifikation einigen.
- Ein vereinfachtes Modell des Lehrkräfteaustauschs zwischen den Ländern ist endlich umzusetzen.
- Grundsätzlich ist eine jährlich aktualisierte, schulartspezifische Schüler- und Lehrkräftebedarfsprognose auf der Basis aktueller Meldungen des statistischen Bundesamts und der vorausgegangenen zeitlich parallelen Meldungen der statistischen Landesämter zu erstellen. Auf der Basis dieser Daten sind mindestens 10% mehr Studienplätze für die jeweiligen Lehrämter einzurichten. Es werden in jedem Land dementsprechend ausreichend Referendariatsplätze zur Verfügung gestellt und anschließend entsprechend hohe Einstellungen über Bedarf, wie unter 3. ausgeführt, vorgenommen.
- Für die jetzigen und zukünftigen Mangelfächer im Lehramt, insbesondere auch im naturwissenschaftlichen Bereich, werden attraktive Stipendien ausgelobt.
„Anlässlich dieser notwendigen, langfristig zu verfolgenden Neuerungen gegen die Einstellungspraxis im „Schweinezyklus“ fordere ich die KMK erneut auf, sich zu reformieren: keine einjährige, sondern eine mindestens dreijährige Amtszeit einer erfahrenen Kultusministerin oder eines erfahrenen Kultusministers, nicht mehr im Neben- sondern im Hauptamt!“, so Lin-Klitzing.