PhV BW zum Thema Berufsorientierung an Schulen

    PhV fordert Evaluation der berufsorientierenden Maßnahmen am Gymnasium vor einer Erweiterung

    Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) nimmt Stellung zur Landtags-Drucksache „Qualität der Berufsorientierung an Schulen in Baden-Württemberg“ (17/8748):

    In den vergangenen Jahren wurden die Maßnahmen zur Berufsorientierung am Gymnasium in Baden-Württemberg kontinuierlich ausgebaut – bis hin zur Einführung eines eigenen Fachs „Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung“ (WBS) an den allgemeinbildenden Gymnasien. „Es ist höchste Zeit, diese Maßnahmen systematisch zu evaluieren, bevor erneut weitere Anforderungen hinzugefügt werden“, fordert Martina Scherer, Landesvorsitzende des PhV BW. Bei der Umsetzung immer neuer Konzepte an den Schulen werde die Frage der personellen und zeitlichen Ressourcen jedoch in der Regel ausgeblendet – obwohl diese eine zentrale Rolle spielt, um die Ziele dieser Konzepte überhaupt mit realistischer Aussicht auf Erfolg verfolgen zu können.

    Wenn man sich den Werdegang der Maßnahmen zur Berufsorientierung am Gymnasium in Baden-Württemberg anschaut, dann muss eine kritische Frage gestellt werden:
    Laut dem SWK-Gutachten hat sich in den letzten acht Jahren die Zahl derjenigen Jugendlichen mehr als verdoppelt, die keine Vorstellungen zu ihrer beruflichen Zukunft haben. Diese Entwicklung fällt nun aber genau in denselben Zeitraum, in dem die Maßnahmen zur beruflichen Orientierung am Gymnasium in Baden-Württemberg stark ausgeweitet wurden.

    „Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort legen sich mächtig ins Zeug und sind bereits enorm beansprucht mit der Umsetzung der Berufsorientierung, so wie sie aktuell gefordert ist“, so Martina Scherer, Landesvorsitzende des PhV BW. „Bevor eine weitere Maßnahme zusätzlich eingeführt wird, müssen zunächst die aktuellen Vorgaben evaluiert werden. Wie hat diese bisherige Praxis gewirkt, oder müsste man hier vielleicht ganz anders weiterarbeiten?  Bringen noch mehr Hochglanzprospekte tatsächlich einen höheren Ertrag, oder wären nicht strukturelle Änderungen mit einem neuen Ansatz notwendig?“, fragt Martina Scherer provokativ.

    Zur Information ein Auszug aus der Stellungnahme des baden-württembergischen Kultusministeriums zum SPD-Antrag „Qualität der Berufsorientierung an Schulen in Baden-Württemberg“ (Landtagsdrucksache 17/8748):
    „Im Rahmen der derzeit stattfindenden Weiterentwicklung der Verwaltungsvorschrift „Berufliche Orientierung an weiterführenden allgemeinbildenden und beruflichen Schulen (VwV BO)“ ist außerdem geplant, die Ausbildungsorientierung an Gymnasien stärker zu verankern und damit zusätzlich die Verbindlichkeit für diese zu erhöhen. Auch der Umfang der verpflichtenden Praxiserfahrungen soll erhöht werden. Praxiserfahrungen umfassen neben den Praktika beispielsweise auch Betriebsbesichtigungen und kooperative Projekte mit Betrieben. Praktika bieten wichtige Möglichkeiten für reale Einblicke in berufliche Ausbildungen. Zum bisherigen mindestens einwöchigen Praktikum sollen neue verbindliche Praktikumselemente ergänzt werden.“

    Martina Scherer, Landesvorsitzende des PhV BW, stellt diesbezüglich fest: „Das allgemeinbildende Gymnasium qualifiziert mit der allgemeinen Hochschulreife für ein Studium: Seine berufliche Orientierung muss vorrangig der Studienorientierung dienen!“

    Weiterführende Informationen:

    Landtag von Baden-Württemberg, 17. Wahlperiode, Drucksache 17/8748
    https://www.landtag-bw.de/resource/blob/572136/4aa73b4af667cb56b878085f10dfe28f/17_8748_D.pdf


    An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
    Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.

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