- PhV begrüßt die Wiedereinführung von G9, kritisiert jedoch die teils unzureichende Ausgestaltung.
- Dem PhV fehlt ein ehrliches Bekenntnis des Kultusministeriums zur Bedeutung der zweiten Fremdsprache.
- Der PhV ist verwundert über das sukzessive Abschmelzen der vom Kultusministerium zugesagten Innovationselemente des neuen G9.
- Der PhV unterstützt eine höhere Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung und fordert die Anwendung auch auf die Realschule.
- Der PhV freut sich über die Annahme seiner Forderung der Anpassung der Notenbildungsverordnung.
Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) zeigt sich im Grundsatz zufrieden mit der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9). „Wir freuen uns über einen großen Schritt in die richtige Richtung“, so Martina Scherer, Landesvorsitzende des PhV BW. „Der PhV BW als die originäre Vertretung der Gymnasiallehrkräfte hat sich seit vielen Jahren engagiert für eine Hinwendung zu einem innovativen G9 eingesetzt, das den Schülerinnen und Schülern mehr Zeit für Bildung und Persönlichkeitsentwicklung lässt!“
Der Verband begrüßt insbesondere die Entlastung der Schülerinnen und Schüler im Zuge der Anpassung der Notenbildungsverordnung. „Da hat man im Kultusministerium (KM) auf uns Praktiker gehört!“, freut sich Scherer. In den dreistündigen Kernfächern wird die Anzahl der verpflichtenden Klassenarbeiten auf 3 pro Schuljahr reduziert, so wie es der PhV gefordert hatte.
Ebenso wichtig: Die höhere Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung hilft den Kindern, die für sie passende Schullaufbahn mit den besten Erfolgsaussichten einzuschlagen. Hier sollten die Realschulen einbezogen werden.
Schwächen sieht der PhV BW zudem im nun fixierten G9-Weg: „Schade, dass man das Innovationskonzept des PhV für ein zukunftsweisendes G9 in den vergangenen Monaten immer mehr aus dem Blick verloren hat. Von den ursprünglich vom KM daraus abgeleiteten Innovationselementen ist wenig übriggeblieben“, kritisiert Scherer. So sei beispielsweise die Streichung einer der beiden zunächst eingeplanten Mentoring-Stunden problematisch, da dadurch für die persönliche, individuelle Betreuung der Schülerinnen und Schüler wieder weniger Zeit bleibe als zunächst für wichtig erachtet. „Wir müssen darüber hinaus wahrscheinlich weiter damit leben, dass die Gegnerschaft eines starken Gymnasiums dieses strukturelle Versäumnis wieder den Lehrkräften zur Last legt – statt den Entscheidungsträgern!“, so Scherer weiter. Ähnliches gelte für die vielen dreistündigen Kernfächer und einstündigen Nebenfächer. „Diese sind nicht aus der Perspektive des Bildungserfolges gedacht, sondern anderen Erwägungen entsprungen.“
Bei der zweiten Fremdsprache täten z.B. mehr Stunden not. Als haushaltsneutrale Alternative hatte der PhV eine andere Verteilung der Stunden über die Jahrgänge angeregt. Bei einem Start in Klasse 7 wären 4 statt nur 3 Wochenstunden für den Anfangsunterricht möglich gewesen – einheitlich an allen Gymnasien. Scherer erläutert: „Nun sollen an allen Gymnasien die Lehrkräfte entscheiden, ob eine Poolstunde in die erste oder in die zweite Fremdsprache fließt. Das reduziert die Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler im Land.“ Zudem hätte die zuletzt vorgenommene Kürzung der Stunden in Geographie, Mathematik und Deutsch vermieden werden können, wenn in der Summe genau die 3 Stunden mehr in die Stundentafel investiert worden wären, so wie es der PhV in seinem Konzept gefordert hatte. Insgesamt bleibt zu kritisieren: Trotz eines zusätzlichen Unterrichtsfaches (Medienbildung/Informatik) bleibt das neue G9 unter der Gesamtstundenzahl des ursprünglichen neunjährigen Gymnasiums. Hier wird an falscher Stelle gespart!
Insgesamt sieht der Philologenverband Baden-Württemberg im Zuge der G9-Rückkehr noch Nachbesserungsbedarf, um die Qualität des Gymnasiums in Baden-Württemberg langfristig zu sichern. Laut Aussage des KM werde G9 „nach oben“ wachsen und man wolle Stück für Stück nachsteuern. „Da wird der PhV dranbleiben und nachhaken“, versichert Scherer. Darüber hinaus betont der Verband der gymnasialen Lehrkräfte, wie wichtig ein differenziertes Schulsystem für Baden-Württemberg ist, um die Bildungsqualität im Land wieder auf frühere Spitzenwerte zu bringen. Von Sparmodellen, die das System um eine Säule beschneiden wollen, raten die Gymnasiallehrkräfte dringend ab.