Hängepartie um Digitalpakt 2.0: Digitalisierung der Schulen noch vor Neuwahlen klären

    • Digitalpakt Schule ist im Mai ausgelaufen – Anschlussfinanzierung durch Digitalpakt 2.0 fehlt weiterhin
    • Bündnis aus Schülerschaft, Lehrkräften, Eltern, Schulträgern, Digitalwirtschaft und Zivilgesellschaft fordert Umsetzung noch vor Neuwahlen zu klären
    • Breite Zustimmung in der Bevölkerung für Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen an Schulen

    Seit 2019 hat der Digitalpakt Schule mehr als fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung von Deutschlands Schulen bereitgestellt – etwa für die Ausstattung mit WLAN, Tablets oder Computern und für die Netzwerkadministration. Das Programm ist im Mai dieses Jahres trotz Verankerung im Koalitionsvertrag ohne Anschlussfinanzierung ausgelaufen. Die derzeit noch zur Verfügung stehenden Gelder verfallen Ende des Jahres. Die versprochene Anschlussfinanzierung steht in der aktuellen politischen Situation so auf dem Spiel wie nie zuvor. Ohne eine dauerhafte Finanzierung werden viele Schulen und Schulträger gezwungen sein, begonnene Digitalisierungsprojekte zu stoppen oder zurückzudrehen.

    Es fehlt nach wie vor an moderner technischer Ausstattung, digitalen Lehrmitteln und Tools sowie den entsprechenden Fortbildungen und Strategien, um Deutschlands Schulen in die digitale Welt zu holen. Ohne die schnellstmögliche Verankerung des Digitalpakt 2.0 stehen nicht nur die Schulen und Schulträger vor massiven Unsicherheiten, damit steht auch insgesamt die Zukunftsfähigkeit des deutschen Bildungssystems auf dem Spiel, warnt ein breites Bündnis aus Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Eltern, Schulträgern, Digitalwirtschaft und Zivilgesellschaft anlässlich der morgen startenden Statuskonferenz zum Digitalpakt Schule.

    Die Bundesschülerkonferenz, der Bundeselternrat, der Verband Bildung und Erziehung, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Digitalverband Bitkom, der Deutsche Philologenverband, der Verband Bildungsmedien und die Initiative D21 fordern die Bundesregierung und Länder auf, eine moderne digitale Bildung zur Priorität zu machen. Die Bundesregierung muss nach dem Bruch der Ampelkoalition noch vor den Neuwahlen den finanziellen Rahmen für einen Digitalpakt 2.0, sowie den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit den Ländern sicherstellen. Dazu braucht es ein breites politisches Bündnis über die Parteigrenzen hinweg. Die Zukunftsfähigkeit unseres Bildungssystems ist von zentraler Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft; der Digitalpakt 2.0 duldet daher keinen Aufschub bis weit ins neue Jahr.

    In der Bevölkerung gibt es eine breite Unterstützung für die Finanzierung von Digitalisierungsmaßnahmen an Schulen. 91 Prozent fordern, schnelle und stabile Internetverbindungen an Schulen dauerhaft staatlich zu fördern. 85 Prozent wünschen sich eine Förderung von IT-Geräten wie Tablets und Laptops für Schülerinnen und Schülern, 81 Prozent von Wartung, Verwaltung und Reparatur der Geräte. 67 Prozent wünschen sich eine dauerhafte staatliche Finanzierung von Lehr- bzw. Lernprogrammen, wie zum Beispiel Lern-Apps an Schulen, 51 Prozent die Förderung von Fort- und Weiterbildungsformate für Lehrkräfte zum Einsatz digitaler Technologien und Tools im Unterricht. Außerdem sind 42 Prozent der Meinung, die Anschaffung von IT-Geräten für Lehrkräfte sollte dauerhaft staatlich gefördert werden, 39 Prozent wünschen sich die Bereitstellung von Sondergeldern zur Erprobung innovativer digitaler Formate im Unterricht. Nur ein Prozent der Deutschen ist der Meinung, es sollten keine Maßnahmen zur Digitalisierung an Schulen staatlich gefördert werden. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage unter 1.005 Personen in Deutschland ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

    Die Hängepartie um den Digitalpakt 2.0 dauert bereits zwei Jahre. Bereits im Oktober 2023 hatte das Bündnis in einer Pressekonferenz vor den Folgen einer fehlenden Anschlussfinanzierung gewarnt und einen gemeinsamen Forderungskatalog vorgestellt. Neben der Fördersumme ist aktuell unter anderem weiterhin unklar, wann die Verhandlungen fortgesetzt werden und welchen Förderrahmen ein Digitalpakt 2.0 einschließen soll. Zuletzt hatte die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger den Bundesländern Ende August ein Angebot über die Fördersumme des Digitalpakt 2.0 gemacht, welches die Länder aufgrund der Anforderung des Bundes, mindestens 50 Prozent zur Gesamtfördersumme beizutragen, kritisierten.

    Fabian Schön, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, sagt: „Als Schüler*innen erleben wir täglich die Herausforderungen einer unzureichenden Digitalisierung an unseren Schulen. Der Digitalpakt 2.0, der eine Verbesserung der aktuellen Situation verspricht, wird durch politische Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern blockiert. Wir fordern, dass die Entscheidungsträger einen Kompromiss finden, um endlich einen gerechten Zugang zu digitaler Bildung für alle zu gewährleisten und die ungleiche Verteilung von technischen Ressourcen zu beheben. Die Zukunft unserer Bildung hängt von einer stabilen, gleichen und fortschrittlichen digitalen Infrastruktur ab.“

    „Bildung ist der Schlüssel zur Zukunft und muss mit der digitalen Entwicklung Schritt halten, um Kindern bestmögliche Chancen zu bieten. Der Digitalpakt 2.0 ist entscheidend, um das Bildungssystem international zu stärken und in eine zukunftsfähige Gesellschaft zu investieren“, erklärt der Vorsitzende des Bundeselternrates Dirk Heyartz. „Damit Kinder sicher und verantwortungsvoll in der digitalen Welt agieren können, muss Medienkompetenz als fester Unterrichtsbestandteil verankert werden. Dafür müssen Lehrkräfte aber technisch ausgestattet und geschult werden.“

    Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, erklärt: „Die Hängepartie um den Digitalpakt 2.0 ist unerträglich! Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sind auf funktionierende, moderne Arbeitsmittel angewiesen. Dazu gehört aktuelle Soft- und Hardware, aber auch deren kontinuierliche, professionelle Wartung. Doch wie soll das sichergestellt werden, wenn eine entsprechende Mittel-Planung unmöglich ist? Auch die Länder werden in der Zwischenzeit mit nötigen Investitionen zurückhaltend sein, wenn sie nicht wissen, ob ihnen dies später auch als ‚frisch‘ investiertes Ländergeld angerechnet werden kann oder nicht!“

    Der stellvertretende Bundesvorsitzende des Verband Bildung und Erziehung Tomi Neckov kommentiert: „Wir haben erst am Freitag eine repräsentative Studie vorgestellt, aus der hervorgeht, dass es in zehn Prozent der Schulen in Deutschland keinen einzigen Klassensatz an digitalen Endgeräten gibt. Im Vergleich zum Vorjahr heißt das, dass es keine Veränderung bei diesem entscheidenden Zukunftsthema gibt. Diese von politisch Verantwortlichen provozierte Stagnation ist in Wahrheit ein Rückschritt, weil wir mit dem Fortschritt in Gesellschaft und Wirtschaft nicht mithalten können. Nichts zeigt so deutlich, wie wichtig ein Digitalpakt 2.0 ist – auch, um endlich Planungssicherheit für Schulleitungen zu gewährleisten.“

    Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes André Berghegger erklärt: „Digitale Bildung ist für die Zukunft des Standorts Deutschland von entscheidender Bedeutung. Daher müssen Schülerinnen und Schüler digitale Angebote nutzen können und die notwendige Ausstattung in den Schulen muss vorhanden sein. Die Städte und Gemeinden sind auf Mittel aus dem Digitalpakt angewiesen. Ohne einen Digitalpakt 2 können wir keine Ersatzbeschaffungen für Endgeräte vornehmen und den Support nicht finanzieren. Wir appellieren an Bund und Länder, den Digitalpakt 2 endlich umzusetzen.“

    „ChatGPT hat vor zwei Jahren Tatsachen geschaffen und KI an die Schulen gebracht. Spätestens seitdem ist eine Fortsetzung des Digitalpakts längst überfällig. Lehrende und Lernende benötigen eine verlässliche Infrastruktur und Hardware. Nur so können wir gemeinsam digitale Bildung weiterentwickeln und Didaktik, Technik und Inhalte für den bestmöglichen Lernerfolg verbinden. Auch wenn ein zweiter Digitalpakt erst mit einer neuen Regierung kommt, so muss er kommen. Die Zeit bis zu den Neuwahlen sollten Bund und Länder die Verhandlungen soweit es nur geht, voranbringen, um keine Zeit zu verlieren“, sagt Timm Lutter, Präsidiumsmitglied der Initiative D21 e.V. und Co-Leitung der AG Bildung.

    Christoph Pienkoß, Geschäftsführer des Verbands Bildungsmedien e. V., kommentiert: „Die Schulen haben sich, auch mit Hilfe des Digitalpakts, längst auf den Weg gemacht! Die Lehrkräfte haben erkannt, welche pädagogische Unterstützung die digitalen Angebote der Unternehmen am Bildungsmarkt, was KI und individualisiertes Lernen und Fördern bieten. Nun muss es weitergehen! Doch während die Spatzen die Unzulänglichkeiten schulischer Bildung von den Dächern pfeifen, droht bei einer der wichtigsten Unterstützungsmaßnahmen weiterer Stillstand. Über alle Partei- und Zuständigkeitsgrenzen hinweg muss umgehend dem Digitalpakt 2.0 der Weg geebnet werden!“

    „Es droht eine milliardenschwere Investitionsruine in der deutschen Bildungslandschaft. Dabei können wir es uns weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich leisten, bei der Digitalisierung der Schulen weiter hinterherzuhinken. Alltag und Arbeitsleben außerhalb der Schulgebäude sind längst digital, Digital- und Medienkompetenzen daher zentraler denn je. Um diesem Bildungsauftrag nachzukommen, brauchen die Schulen aber endlich die Zusicherung für entsprechende Mittel – und das langfristig“, so Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.

    Hier geht es zur Pressemitteilung (PDF).

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