- Viele Vorschläge aus dem PhV-Konzept wurden vom Kultusministerium aufgenommen
- PhV begrüßt Stärkung der Basisfächer Mathematik und Deutsch
- PhV lobt mehr Zeit für die Gesellschaftswissenschaften und zur Demokratiebildung
- Zumindest zwei Klassenlehrerstunden in der Unterstufe und Schüler-Mentoring sind jetzt auch am Gymnasium vorgesehen
- PhV begrüßt durchgehendes Fach Informatik ab Klasse 5
- Der PhV ist konsterniert: Aus der schon öffentlich kommunizierten Stärkung von Englisch als Basisfach wurde nichts!
- Der PhV bemängelt die gänzlich fehlende Wertschätzung der Fremdsprachen: Keine einzige erhält mehr Zeit als im G8!
- PhV hält noch mehr Fokus auf beruflicher Orientierung für nicht zielführend
- Der PhV BW setzt sich ein für die Fixierung von Inhalten in den Bildungsplänen auf Ebene der Klassenstufen.
Der Verband für gymnasiale Lehrkräfte, PhV Baden-Württemberg, befürwortet die Stärkung der Demokratiebildung, auch durch mehr Stunden für die Gesellschaftswissenschaften. „Tagtäglich ist es für unsere Gesellschaft wichtig, an der Demokratie zu arbeiten, auch in den Schulen“, so Martina Scherer, Landesvorsitzende des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW). Einen Beitrag hierfür leisten die Gesellschaftswissenschaften. Aber auch in den nun implementierten Klassenlehrerstunden werden wichtige Fähigkeiten für gelebte Demokratie eingeübt. „Man spürt als Lehrkraft, wie die Schülerinnen und Schüler in dieses Thema hineinwachsen“, berichtet die PhV-Landesvorsitzende aus ihrer schulischen Erfahrung. Durch das erstmals im Gymnasium verankerte Schülermentoring wird die Möglichkeit eröffnet, die jungen Menschen in einigen – vielleicht auch schwierigen – Lebensphasen besser zu begleiten. Bei der Verwirklichung des Mentorings gibt der PhV BW aber zu bedenken, dass die Schulen mit der praktischen Umsetzung nicht allein gelassen werden dürfen, sondern diese z.B. klare Leitlinien für das Setting von Vieraugengesprächen brauchen.
„Scharf zu kritisieren ist, dass die Fremdsprachen jetzt in keiner Weise gestärkt wurden,“ so Martina Scherer, „denn mindestens zwei Fremdsprachen auf hohem Niveau zu erlernen ist das Alleinstellungsmerkmal des allgemeinbildenden Gymnasiums, und dies hat man nun völlig außer Acht gelassen!“. Der PhV BW kann im Sinne der Schülerschaft nur hoffen, dass die Schulen über die Poolstunden eine Möglichkeit finden, einen Ausgleich zu schaffen. Vertiefter Unterricht ist sonst nicht gut möglich, und der berühmte „Knopf im Ohr“ wird das nicht richten können. Beim Gedanken von „mehr Zeit“ zum vertieften Lernen wurden die Fremdsprachen leider komplett vergessen. Es wäre besser gewesen, man wäre den Vorschlägen des PhV BW hier gefolgt.
Die positiven Seiten der Stundentafel des Kultusministeriums erinnern sehr an Elemente, die der PhV BW schon in diesem Frühjahr in seinem Konzept InNOVAtionsgymnasium G9 veröffentlicht und dem Kultusministerium und den bildungspolitischen Entscheidungsträgern übermittelt hatte, genauso wie eine durch Praktiker entwickelte Beispielstundentafel für G9. Mehr Zeit durch Neun Jahre (Lernzeit und Engagement), mehr Zeit für Orientierung (Demokratie, politische Bildung, life skills), mehr Zeit für Verknüpfung von Wissen (Studierfähigkeit), mehr Zeit für Außerunterrichtliche Aktivitäten (Kreativität) – das sind die Eckpunkte unseres PhV-Papieres. Der PhV weist darauf hin, dass mehr Zeit auch mehr Gestaltung bedeuten muss. Gerade der Ergänzungsbereich bleibt ein wichtiger Baustein für ein gelingendes G9. Hierzu fehlen noch Einblicke in die Planungen und Ressourcen für Arbeitsgemeinschaften.
Weitere Aspekte sind dem PhV BW wichtig:
- „Mit Informatik ab Klasse 5 wird den Herausforderungen unserer Zeit Rechnung getragen, was wir sehr begrüßen, aber es bleibt die große Frage, mit welchen Fachlehrkräften dies geschehen soll,“ gibt Martina Scherer zu bedenken. Ebenso kritisch ist – zumindest regional – die Unterrichtsversorgung in den Naturwissenschaften, insbesondere im Fach Physik. Hier heißt es nun für die Verantwortlichen, vorausschauend zu planen, damit zu jedem Zeitpunkt genügend Lehrkräfte an den Schulen sind. Der PhV fordert eine stetige Einstellung von jungen Lehrkräften, damit nicht 2032 eine „unschließbare“ Lücke in der Versorgung entsteht, wenn G9 nach oben gewachsen ist. Jetzt muss gut geplant, für das Lehramtsstudium besonders in Mangelfächern geworben und in die Zukunft investiert werden. Das Kultusministerium muss Maßnahmen ergreifen, um den Lehrkräfteberuf attraktiver zu machen.
- Beim Start der 2. Fremdsprache in Klasse 6 mit nur 3 Schulwochenstunden sieht der PhV BW große Nachteile für die Schülerinnen und Schüler: Ein früher Beginn mag vielleicht pubertär bedingte Hürden vermeiden, aber durch die geringe Stundenzahl pro Woche werden neue Probleme geschaffen. Sprachlehrkräfte aus der Praxis fordern für einen erfolgreichen Start in den Erwerb einer zweiten Fremdsprache mindestens 4 Wochenstunden. Ein späterer Beginn, auch mit mehr Wochenstunden, wäre eine Alternative.
- Der PhV BW sieht keine Notwendigkeit, der beruflichen Orientierung an allgemeinbildenden Gymnasien noch mehr Raum zu geben, da diese bereits vor Jahren deutlich gestärkt worden ist: BOGY- und Sozialpraktikum, Bildungsmessen, individuelle Bewerbungstrainings für die Schülerinnen und Schüler oder Workshops von Unternehmen direkt vor Ort sind Angebote, die schon heute erfolgreich stattfinden. Hier wird seit langem gute Arbeit geleistet. Der Fachunterricht als Beitrag zur Studierfähigkeit darf nicht in den Hintergrund geraten.
- Durch Festlegung der Bildungsplaninhalte auf bestimmte Klassenstufen könnten Vernetzungen zwischen den Fächern aktiv eingeplant werden. Vernetztes Denken ist ein zentraler Aspekt gymnasialer Bildung, der in den letzten Jahren durch die Zusammenfassung mehrerer Jahrgänge bei den Bildungsplänen leider vernachlässigt worden ist. Ein großer Vorteil für die Schülerinnen und Schüler kommt hinzu: Ein Schulwechsel durch Umzug an einen anderen Wohnort innerhalb von Baden-Württemberg ist viel leichter, wenn die Stoffverteilung auf die Klassenstufen einheitlich geregelt ist.
- Beim Blick auf das Abitur muss bedacht werden, dass unsere Schülerinnen und Schüler für die IQB-Standards in der Kursstufe bestmöglich vorbereitet werden sollen, daher müssen bei allen Planungen die Erfordernisse der Kursstufe und des Abiturs mitgedacht werden. Hier gibt es bereits Problemanzeigen aus der Praxis, die das KM ernst nehmen sollte.