von Thomas Langer und Friedrich Pohl
Berlin – Auf ihren Social-Media-Kanälen gibt Gymnasiallehrerin Emily Horbach aus Berlin alias „Emitheteacher“ fast täglich nützliche Tipps für Lehrkräfte – mit beständig wachsender Fangemeinde. Im PROFIL-Interview spricht sie über ihre Anfänge als Bildungsinfluencerin, tägliche Herausforderungen und die Liebe zu ihrem Beruf.
Sie sind Gymnasiallehrerin. Warum sind Sie auch noch Influencerin geworden?
EMILY HORBACH: Die Idee hatte ich im Jahr 2020. Während meiner Schwangerschaft. Da war Corona und ich durfte nicht arbeiten. Mir war unfassbar langweilig! Also habe ich auf Social Media irgendwann nicht nur die Tipps anderer konsumiert, sondern aktiv eigene Inhalte geteilt. Ich wollte ein bisschen was zurückgeben. Dabei war es mir aber wichtig, einen inhaltlichen Fokus zu haben, nicht nur Trallalala zu posten. Ich will als echte Lehrerin auftreten, so dass es einen professionellen Charakter hat. Zudem lese ich viel zum Thema Schule. Einen Aha-Moment hatte ich bei Doug Lemovs »Unterrichte wie ein Champion«. Das sind 62 Unterrichtsstrategien. Ich habe das verschlungen und dachte dann: sowas sollte ich auch mit anderen teilen.
Und die Reichweite kam dann von allein?
HORBACH: Nein. Ich hatte anfangs vielleicht 600 Follower. Dann war ich in Elternzeit, und man hat genug zu tun. Erst als ich wieder in die Schule gegangen bin, habe ich wieder mehr Content gemacht. Ich habe dann zwei Monate lang wirklich jeden Tag ein Video gepostet – und es ist gefühlt gar nichts passiert. Das habe ich erstmal so ertragen. Aber plötzlich – so nach dem dritten Monat – ging es los. Dann hat der Algorithmus mich erkannt und mich netterweise größer ausgespielt. Dann kamen die ersten 10.000 Follower sehr schnell.
Wieso sind Sie überhaupt Gymnasiallehrerin geworden?
HORBACH: Ich bin nicht der geduldigste Mensch. Ich habe auch Praktika in Grundschulen gemacht und finde die Arbeit der Lehrkräfte dort sehr wertvoll. Aber ich weiß, dass ich einfach nicht so gut darin gewesen wäre. Mir ist schnell klar geworden, dass ich lieber mit älteren Schülerinnen und Schülern arbeiten möchte. Als ich in einem Praktikum dann mal das erste Mal allein vor einer Klasse stand, habe ich gemerkt: Das ist es! Das macht Spaß! Und das blieb auch so.
Das klingt überhaupt nicht nach dem medial viel beschworenen „Praxis-Schock“.
HORBACH: Referendariat ist ein großes Thema und ich verstehe die Sorgen und die Angst, die ganz viele Leute davor haben, hatte ich auch. Aber ich empfand es nicht als negativen Stress, sondern als eine Zeit, in der ich wachsen konnte. Ich hatte aber auch super Ausbilder. Da gehört immer ein bisschen Glück dazu. Bei mir war es einfach die pure Energie und Freude.
Auf Ihren Profilen gibt es fast täglich neuen Content. Wie schaffen Sie das alles?
HORBACH: Ich bin nach meiner Elternzeit in Teilzeit wieder eingestiegen. Dadurch habe ich weniger Unterricht, den ich vorbereiten muss und unter anderem auch diesen unterrichtsfreien Tag. Ich strukturiere mir meine Themen so, dass ich um die vierzehn Videos an einem Tag hintereinander weg filme. Das ist effektiver, als wenn ich jeden Tag das ganze Equipment neu aufbauen müsste.
Geschnitten werden muss dann aber auch noch.
HORBACH: Das mache ich meistens am Handy in der U-Bahn, wenn ich nach Hause fahre.
Und das schaffen Sie alles allein?
HORBACH: Nein. Was strategische Dinge im Hintergrund angeht, ist mein Mann eine große Hilfe. Er hat mir unter anderem auch die Webseite gemacht. Aber seit ich jetzt auch noch auf YouTube bin, habe ich einen Werkstudenten angestellt, der die Videos dann kanalgerecht schneidet.
Wie reagieren Ihre Schülerinnen und Schüler und deren Eltern?
HORBACH: Meine Schüler sind eigentlich sehr zurückhaltend, was das angeht. Einige sind selbst auf Instagram. Einer sagte kürzlich: »Frau Horbach, Sie sind die Person mit den meisten Followern, die mir folgt«.
Und das Kollegium?
HORBACH: Was meine Kolleginnen und Kollegen denken, weiß ich natürlich nicht. Aber ich habe bisher kein negatives Feedback erhalten. Und zum Glück habe ich eine ganz tolle Schulleitung, die meinen Aktivitäten total liberal gegenübersteht und das unterstützt.
Wenn Ihr Erfolg weiterwächst, müssen wir dann fürchten, noch eine Lehrkraft zu verlieren?
HORBACH: Ich kann mir nicht vorstellen, nur Social Media zu machen. Für mich sind die alltäglichen Interaktionen unglaublich gewinnbringend: zu sehen, wie sich Kinder und Jugendliche entwickeln und an den Aufgaben wachsen. Das gibt mir einfach zu viel, um es einfach so aufzugeben.“
Emily Horbach ist Lehrerin für Englisch und Geografie an einem Gymnasium in Berlin. Auf ihrem Instagram-Kanal hat sie fast 60.000 Follower. Zudem bietet sie auf ihrer Website u.a. Unterrichtsmaterialien und Workshops an.