PhV Baden-Württemberg: Philologenverband und Realschullehrerverband begrüßen FDP-Initiative zur verbindlichen Grundschulempfehlung

    Gemeinsame Pressemitteilung des Realschullehrerverbands (RLV) und des Philologenverbands (PhV) Baden-Württemberg vom 25. Mai 2023 über die verbindliche Grundschulempfehlung:

    • Philologenverband und Realschullehrerverband begrüßen FDP-Initiative zur verbindlichen Grundschulempfehlung
    • Lehrerverbände betonen Vorzüge von homogeneren Lerngruppen und passgenauer Schullaufbahn für besseren Lernerfolg

    Der Realschullehrerverband (RLV) und der Philologenverband (PhV) Baden-Württemberg unterstützen ausdrücklich den Gesetzentwurf der FDP zur Wiedereinführung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung. Im Hinblick auf die äußerst angespannte Lage an den Schulen fordern der RLV und der PhV schon seit vielen Jahren, die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg zum Wohle aller Kinder, Eltern und Lehrkräfte endlich wiederherzustellen. Unterschiedliche Kinder brauchen unterschiedliche Schularten in einem leistungsstarken Schulsystem, was stets durchlässig bleibt.

    Der Unterschiedlichkeit und Vielfalt von Kindern durch Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Schulen und der Schullaufbahnen gerecht zu werden, bedeutet Bildungsgerechtigkeit und schafft den notwendigen Rahmen, der die Bildungsqualität in Baden-Württemberg endlich wieder verbessern kann. Der erhebliche Leistungsabfall der baden-württembergischen Schüler in bundesweiten Schulvergleichsstudien wie VERA 8 ist zum guten Teil der massiven und rein ideologisch begründeten Fehlentscheidung geschuldet, die Verbindlichkeit zum Schuljahr 2012/13 abzuschaffen. Bundesländer mit verbindlicher Grundschulempfehlung wie Bayern haben sich an der Spitze gehalten!

    Inzwischen gibt es wahrlich genügend Studien, die belegen, dass eine ausschließlich an der Schülerleistung orientierte, verbindliche Grundschulempfehlung zu deutlich höherer sozialer Gerechtigkeit führt als eine ‚freie‘ Wahl der Schule durch die Eltern, die zur Beliebigkeit geworden ist. Ebenso ist nachgewiesen, dass gerade schwächere Kinder von homogeneren Lerngruppen stark profitieren und dadurch höhere Leistungen erzielen können. * Eine weitere repräsentative Studie zeigt auf, dass verbindliche Grundschulempfehlungen Lernanreize setzen, die zu einer Verbesserung der schulischen Kompetenzen am Ende der vierten Klasse führen. **
    Baden-Württemberg, einst auf Spitzenplätzen in Ländervergleichen, befindet sich derweil in einem bildungspolitischen Blindflug, der längst zum Sturzflug geworden ist.

    In dieser Situation haben der PhV und der RLV eine Umfrage unter den Lehrkräften von Realschulen und Gymnasien durchgeführt. Eine überwältigende Mehrheit von 94% sprach sich bei der Umfrage des PhV für eine Wiedereinführung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung aus, bei der RLV-Umfrage waren es 78% der Teilnehmer. Hierzu die RLV-Vorsitzende Karin Broszat: „Es ist an der Zeit, genau jene zu befragen, die mit den Kindern und Jugendlichen an den Schulen arbeiten, deren Leistungsvermögen kennen und ihre Entwicklung zum jungen Erwachsenen aktiv begleiten. Wer sonst sollte das besser beurteilen können als die Praktiker an der Basis, die tagtäglich in ihren Klassen stehen?“

    Die Landesregierung hat mit großen Worten angekündigt, die Schulqualität mittels datengestützter Qualitätsentwicklung verbessern zu wollen. Von ‚Daten zu Taten‘ lautet hier das Motto. Dafür sind unter anderem in der Grundschule neue Leistungstests vorgesehen. Richtig so! Wenn aber Leistungstests durchgeführt werden, darf das nicht ohne Konsequenzen bleiben. Von Daten zu Taten: Die Ergebnisse der Tests müssen in die verbindliche Grundschulempfehlung mit aufgenommen werden. Alles andere ist unrealistisch! Denn trotz des enorm zugenommenen hohen Beratungsaufwands der Lehrkräfte an Grundschulen und anschließend auch an weiterführenden Schulen werden die wohlbegründeten Argumente der Fachleute häufig ignoriert – Misserfolge im so wichtigen Jugendalter sind vorprogrammiert! Eine nicht zu bewältigende Heterogenität macht allen am Schulleben Beteiligten zu schaffen. Schularten müssen ihre Didaktik und Methodik endlich wieder auf die Leistungsfähigkeit ihrer Kinder abstimmen können, um sie damit bestmöglich zu fördern und zu fordern. Der oft geäußerte Vorwurf, der Lebensweg der Kinder würde schon am Ende der 4. Klasse entschieden, zeugt entweder von profunder Unkenntnis oder gar böswilliger Täuschungsabsicht, denn unser Schulsystem in Baden-Württemberg ermöglicht (noch) so viele Wege zu allen Schulabschlüssen, dass es einer 32-seitigen Broschüre des Kultusministeriums bedarf, um sie alle vorzustellen. ***

    Was ist zu tun? Die Einführung einer verbindlichen Grundschulempfehlung ist kostenneutral und kann ohne zusätzliches Personal zeitnah und mit sofortiger qualitätssteigernder Wirkung umgesetzt werden. Der PhV und der RLV unterstützen deshalb die Initiative der FDP mit Überzeugung: „Unser vielfältiges, differenziertes Schulsystem bietet allen Kindern beste Bildungschancen. Es liegt in der Verantwortung der Bildungspolitik, dafür zu sorgen, dass jedes Kind eine seinen Leistungsmöglichkeiten und Begabungen entsprechende Schule mit der dazu passenden Methodik und Didaktik besuchen kann und  den individuell zu ihm passenden Weg findet!“ Darin sind sich die RLV-Landesvorsitzende Dr. Karin Broszat und die Stellvertretenden PhV-Vorsitzenden Karin Fetzner und Martina Scherer einig.

    Dr. Karin Broszat (RLV), Karin Fetzner und Martina Scherer (PhV)

     

    Weitere Informationen:
    *Esser, H. / Seuring, J.: Kognitive Homogenisierung, schulische Leistungen und soziale Bildungsungleichheit. In: Zeitschrift für Soziologie 2020, 49/5-6, S. 277 – 301
    ** Bach, M. (ZEW Mannheim) / Fischer, M. (WZB Berlin): Mit verbindlichen Grundschulempfehlungen erreichen Grundschüler/innen bessere Leistungen, empfinden aber auch mehr Stress. ZEW policy brief Nr. 01 / März 2021
    ***Zusammenfassung der vielfältigen Bildungswege in BW siehe: https://km-bw.de/site/pbs-bw-km-root/get/documents_E1501867801/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/KM-Homepage/Publikationen%202021/Bildungswege%20in%20BW%202022_2023_barr.pdf

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