Bremens Bildungssenatorin Sascha Aulepp: „Man muss zwischen Realität und Propaganda unterscheiden” 

    Bremen

    PROFIL-Interview mit Bremens Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) 

    „Man muss zwischen Realität und Propaganda unterscheiden”

    Von Karolina Pajdak 

    Bremen – Sie arbeitete viele Jahre als Richterin, doch seit Sommer 2021 ist Sascha Aulepp (52, SPD) Bildungssenatorin von Bremen. Im Interview mit PROFIL erklärt die SPD-Politikerin, was für sie eine gute Lehrkraft ausmacht und wehrt sich gegen den schlechten Ruf des Abiturs aus Bremen. 

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    PROFIL: Senatorin Aulepp, stellen Sie sich vor, Sie wären Lehrerin. Was würden Sie wo gern unterrichten und warum? 

    Sascha Aulepp: Etwas, was ich gut kann und was mir Spaß macht, also Deutsch oder Englisch, gewiss nicht Mathe oder Physik. 

    PROFIL: Was macht für Sie eine gute Lehrkraft aus? 

    Aulepp: Sie muss anhaltend engagiert sein, emphatisch zu den Kindern und auch das pädagogische Handwerkszeug beherrschen. Dann kann sie den Spaß am eigenen Fach und die Lust am Lernen am besten an die Schülerinnen und Schüler vermitteln.

    PROFIL: Der Lehrerberuf hat sich stark verändert. Digitale Lehr- und Lernformen, ein verkürztes Referendariat, die notwendige Einbindung von Quereinsteigenden u.v.m. fordern das System und jede einzelne Schule und Lehrkraft heraus. Welche Konzepte und Maßnahmen haben Sie dabei zur Qualitätssicherung der schulischen Bildung entwickelt?  

    Aulepp: Wichtig ist ein gutes Angebot von Fort- und Weiterbildungen, kollegialer Austausch und Beratung und die partizipative Gestaltung von Schulentwicklungsprozessen. Dabei werden die Schulen von der senatorischen Behörde und vom Landesinstitut für Schule unterstützt. Anfang des Jahres haben wir das eigenständige Institut für Qualitätsentwicklung (IQHB) gegründet, das die Qualität an den Bremer Schulen systematisch erfassen und mit seiner Fachkompetenz die Schulen bei der Auswertung der Erkenntnisse unterstützen soll. Nicht zuletzt geht es auch darum, der Bildungsbehörde Verbesserungen zu empfehlen.   

    PROFIL: Sind Quer- und Seiteneinsteiger DIE Antwort auf den Lehrkräftemangel? 

    Aulepp: DIE Antwort auf Lehrkräftemangel ist Lehrkräfteausbildung. Bremen macht da jetzt schon überproportional viel, und wir wollen das noch steigern. Aber wir brauchen Zwischenlösungen. Deshalb werden wir die Schulen als Arbeitsort für Menschen öffnen, die aufgrund ihrer Qualifikation bislang nicht eingestellt wurden. 

    PROFIL: Stichwort Qualitätssicherung: Das bremische Abitur hat seit jeher im Bundesvergleich ein minderes Ansehen. Wie können und möchten Sie dem entgegenwirken? 

    Aulepp: Das Bremer Abitur ist ebenso wie das Abitur in anderen Bundesländern auch ein Zentralabitur. Die hier ihr Abitur gemacht haben, kommen auch nicht schlechter zurecht im weiteren Leben. Man muss zwischen Realität und Propaganda unterscheiden. 

    PROFIL: Es gibt unübersehbare Abwanderungstendenzen von Lehrkräften aus Bremen und Bremerhaven. Wie können Sie die Attraktivität des Lehrberufes allgemein sowie die Attraktivität des Arbeitsplatzes Bremen / Bremerhaven stärken? 

    Aulepp: Probleme haben wir in den Randbereichen und im abgelegenen Bremerhaven. Auch bei diesem Thema empfiehlt es sich, zwischen Realität und Propaganda zu unterscheiden, eine generelle Abwanderung nach Niedersachsen gibt es nicht. 

    In Bremen binden wir Studierende schon frühzeitig in die Schulen ein, sie lernen die Kollegien kennen und schätzen. Die Kollegien haben auch für unsere Referendare eine hohe Haltekraft. Und nicht zuletzt werden in Bremen alle Lehrkräfte, egal ob sie in der Grundschule, der Oberschule oder dem Gymnasium arbeiten, gleich nach EG13/A13 bezahlt.  

    PROFIL: Qualitätssicherung bedeutet aus Sicht des DPhV auch, dass wir in intakten, modernisierten Schulgebäuden arbeiten können. Wie wollen Sie den Sanierungsstau der Schulgebäude angehen? 

    Aulepp: Mit Hochdruck. Sie haben natürlich recht, und vieles läuft nicht so schnell, wie ich es mir wünsche. 

    PROFIL: Studien zur Lehrkräftearbeitszeit und -gesundheit zeigen eine besonders durch die Digitalisierung deutlich forcierte Verdichtung von Arbeitsaufgaben und Entgrenzung von Arbeitszeit. Durch welche Maßnahmen können Sie hier für Entlastung und Unterstützung der Lehrkräfte sorgen? 

    Aulepp: Wir müssen gemeinsam mit den Beschäftigten und dem Personalrat beständig darüber reden, ob, wo und wie wir Entlastung organisieren können und müssen. Natürlich auch in Bezug auf den Digitalisierungsquantensprung, den wir in Bremen gemacht haben und für den wir auch von den Kolleginnen und Kollegen an unseren Schulen sehr gelobt werden. 

     

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