PhV BW zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung

    · Philologenverband erbost über Schreiben von Kretschmann und Schopper an die Schulleitungen und Lehrkräfte
    · PhV-Vorsitzender Ralf Scholl: „Lehrerinnen und Lehrer sollen jetzt die gravierenden Versäumnisse der Landesregierung ausbaden“
    · Forderung nach raschen zusätzlichen Einstellungen von Lehrkräften für die Beschulung der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung

    Beim Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) stoßen zwei Schreiben von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Theresa Schopper an die Schulleitungen und Lehrkräfte mit dem Betreff „Bitte um Unterstützung bei der Sicherstellung der Unterrichtsversorgung“, die heute an den Schulen eintrafen, auf massive Kritik. „Wir finden es eine Ungeheuerlichkeit, dass der Ministerpräsident und die Kultusministerin jetzt die nach zweieinhalb Corona-Jahren völlig erschöpften Lehrkräfte bitten, ja beinahe anbetteln, für die Landesregierung die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Nachdem die Lehrerinnen und Lehrer in der Corona-Zeit den Schulbetrieb aufrechterhalten haben – was Winfried Kretschmann und Theresa Schopper in ihren Briefen ja in einem Lippenbekenntnis auch richtigerweise anerkennen – ist jetzt endlich die Landesregierung am Zug, ihre Hausaufgaben zu erledigen“, erklärt der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl.

    Den Philologenverband Baden-Württemberg als Verband der gymnasialen Lehrkräfte erbosen zwei Dinge besonders:
    · Der PhV BW hat bereits am 14.03.2022 die Landesregierung und das Kultusministerium aufgefordert, 3000 – 4000 zusätzliche Lehrerstellen in allen Schularten zu schaffen, um die ukrainischen Kinder und Jugendlichen beschulen zu können (s. hier). Bisher hat die Landesregierung nichts unternommen, um diese dringend benötigten Stellen zu finanzieren und einzurichten. Einen entsprechenden Nachtrags- oder Sonderhaushalt gibt es immer noch nicht.
    · Genau in dieser Woche gehen die Haupteinstellungsverfahren für das nächste Schuljahr über die Bühne. 2300 Bewerbungen gab es für eine Einstellung an den Gymnasien im Land. Aber nur ca. 800 Lehrkräfte wurden an diesem Jahr an den Gymnasien im Rahmen des Ersatzbedarfs für in Ruhestand gehende Kolleginnen und Kollegen eingestellt.
    Und auch wenn es momentan knapp 40 nicht besetzbare Stellen an Gymnasien gibt, bedingt durch regionalen Mangel an Bewerbern für Physik, Mathematik und Bildende Kunst: Über 1000 Bewerber auf der gymnasialen Einstellungsliste haben noch kein Einstellungsangebot bekommen!
    Es hätte somit die einmalige Gelegenheit bestanden, fast 1000 zusätzliche qualifizierte und fertig ausgebildete Lehrkräfte für die Beschulung der ukrainischen Kinder und Jugendlichen zu gewinnen.
    Die Landesregierung hat diese hervorragende Chance auf fahrlässige Weise verpasst und ruft jetzt lautstark um Hilfe – und zwar genau bei denjenigen, die bisher schon die Kastanien aus dem Feuer geholt haben und die vielfach bereits ihre Belastungsgrenze erreicht bzw. überschritten haben: bei den Lehrkräften vor Ort. Billiger geht es wirklich nicht.

    „In dieser Situation den Druck auf die aktuell unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen noch weiter zu erhöhen, ist einfach unverschämt“, empört sich Ralf Scholl. Zudem sei zu beachten, dass auch die freiwillig erhöhten Unterrichtsverpflichtungen künftig bezahlt werden müssen. Von den dafür notwendigen zusätzlichen Stellen sei aber bislang nichts zu sehen. „Diese Stellen hätten in dieser Woche für das Haupteinstellungsverfahren bereitstehen müssen – das wäre eine wirkliche und große Hilfe für die Schulen gewesen. Über den Sommer orientieren sich die Bewerber ohne Angebot sehr schnell um. Schließlich suchen alle Bundesländer dieses Jahr händeringend nach Lehrkräften.
    Es ist allerhöchste Zeit, dass die baden-württembergische Landesregierung endlich die Realitäten anerkennt und nachhaltig und solide ihre Hausaufgaben macht!“, fordert der PhV-Landesvorsitzende abschließend.

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