-
Philologenverband Baden-Württemberg: Wunsch der Eltern nach einem Umstieg auf G9 endlich umsetzen!
-
Forderung nach sofortigem Wechsel auf neunjähriges Gymnasium zum Schließen der Corona-Lücken
Die Arbeitsgemeinschaften der gymnasialen Elternbeiräte (ARGE) in Baden-Württemberg haben die Eltern mit mindestens einem Kind am Gymnasium befragt: Wie stehen Sie zu G8/G9, wie zu den Bildungszielen, und was sind ihre Wünsche für die Zukunft? Siehe hier (Grafiken am Ende des Dokuments)
Das Ergebnis zeigt in aller Deutlichkeit, dass der Wunsch nach einer Rückkehr zum neunjährigen Bildungsgang am allgemeinbildenden Gymnasium (G9) in Corona-Zeiten weiter massiv gewachsen ist. Knapp 90 % der gymnasialen Eltern wünschen sich mittlerweile ein G9.
„Wann will das Kultusministerium endlich seine Wahrnehmung mit der Realität in Einklang bringen?“ war eine häufige Frage von Elternseite bei der Vorstellung dieser Ergebnisse.
„Dies ist ein Schlag ins Gesicht von Kultusministerin Eisenmann, die seit Jahren behauptet, dass die Eltern mit dem derzeitigen achtjährigen Gymnasium zufrieden seien“, kommentiert der Landesvorsitzende des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW), Ralf Scholl, die Umfrageergebnisse. „Die Wirklichkeit sieht anders aus, und jedes Frühjahr ist bei der Anmeldung an den Gymnasien zu beobachten: Wo immer eines der G9-Modellgymnasien in erreichbarer Nähe ist, findet eine Abstimmung mit den Füßen statt.“ Die Anmeldezahlen an den G9-Gymnasien sind so hoch, dass häufig Schülerinnen und Schüler abgewiesen werden oder Plätze verlost werden müssen, obwohl es an den allermeisten G9-Gymnasien nur noch ausschließlich G9-Klassen gibt. Das ist nach Einschätzung von Ralf Scholl eine auf Dauer unhaltbare Situation.
Ein weiteres Ergebnis der ARGE-Umfrage lautet: Den Eltern ist die Vermittlung umfassender Allgemeinbildung und eine gute Vorbereitung auf ein Studium sehr wichtig.
Schon seit der Einführung des G8 für alle Gymnasien im Jahre 2003 hat der Philologenverband davor gewarnt, den für eine tragfähige Hochschulreife notwendigen Lernstoff weiter zu komprimieren. „Die Klagen seitens der Universitäten über die viel zu oft mangelhafte Studienreife und die Notwendigkeit von Vorkursen vor dem Studienbeginn, um Mängel auszugleichen, sind ja seit Jahren bekannt“, erklärt der PhV-Landesvorsitzende.
Durch die Corona-Lockdowns mit teilweise erheblichem Unterrichtsausfall bzw. Fernunterricht, der anfangs von massiven technischen Problemen geplagt war, habe sich die Situation weiter verschärft. Die entstandenen Defizite werden nach Ansicht von Ralf Scholl erst in den kommenden Jahren wirklich klar werden, wenn auf nicht vorhandenen Inhalten aus der Schulschließungs- bzw. Fernlernzeit aufgebaut werden muss bzw. diese nachgelernt werden müssen. „An den Gymnasien gibt es seit der Einführung von G8 dafür aber keine Zeit: Die Stunden reichen ja schon im G8-Normalbetrieb nicht für ein solides Festigen des Gelernten durch nachhaltiges Wiederholen und Üben“, moniert der PhV-Landesvorsitzende.
Der Philologenverband Baden-Württemberg schlägt als gangbaren Weg aus dieser Situation eine sofortige Umstellung der Klassenstufen 5 bis 10 an den Gymnasien von G8 auf G9 vor, um so allen Schülerinnen und Schülern ein zusätzliches Jahr Lernzeit zu geben – unter Beibehaltung einer G8-Wahlmöglichkeit für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die in der Corona-Zeit keine spürbaren Einbußen hatten.
Ein Wechsel von z.B. Klasse 7 im G8 zu Klasse 8 im G9 bringt ausreichend Zeit, die fehlenden Themen aufzuarbeiten, weil der G9-Plan ja langsamer voranschreitet. So könnten die berechtigten Forderungen der Eltern erfüllt werden: Ein Bildungsplan eines jetzigen G9-Modellgymnasiums könnte problemlos für drei Schuljahre als vorübergehende G9-Grundlage dienen.
Bis 2024 müsste dann ein neuer „Mehrwert-G9“-Bildungsplan für alle Gymnasien entwickelt werden.
Diese Sofortmaßnahme ist realisierbar, denn der Einwand, dass es dafür nicht genügend Lehrkräfte gibt, trifft bei der Schulart Gymnasium nicht zu: Zum einen sind für G9 während der ersten sechs Jahre weniger Lehrkräfte notwendig, da ja in jedem Jahrgang weniger Stunden unterrichtet werden als bei G8, zum anderen werden seit Jahren längst nicht mehr alle gymnasialen Referendare eingestellt.
Der PhV BW ruft auf: „Gönnt den Schülerinnen und Schülern an den Gymnasien jetzt die notwendige zusätzliche Zeit, damit sie die Chance erhalten, ihre Schullaufbahn erfolgreich fortzuführen und zu beenden! Nehmt endlich den Elternwillen ernst, der auch mit dem Wunsch vieler gymnasialer Lehrkräfte übereinstimmt!“