Resümee des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz aus der Expertenrunde im Bildungsministerium am 07.12.2020

    Was jetzt noch helfen könnte und schnell umsetzbar ist, bevor alles noch schlimmer wird: Abstand und Masken!

    Am Abend des 7. Dezember 2020 traf sich auf Einladung des Bildungsministeriums und des Landeselternbeirats eine illustre Runde aus Expertinnen und Experten, darunter Prof. Alexander Kekulé, Dr. Jana Schroeder, Prof. Markus Scholz, Prof. Christian Kähler, Prof. Wieland Kiess, Prof. Philipp Zanger, Prof. Hans-Martin Seipp und Dr. Wolfgang Kohnen. Die Debatte diente der Fortführung einer Diskussion aus zwei früheren Videoschalten. In der gestrigen Sitzung kamen kritische Stimmen nicht nur von Seiten der Lehrerverbände, sondern zunehmend auch aus der Wissenschaft zu Wort.

    Im Nachgang zu dieser Konferenz, an der auch Cornelia Schwartz als Landesvorsitzende des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz teilnahm, zieht Schwartz folgendes Resümee: „Wir sehen, dass es eine große Bandbreite an Meinungen unter Wissenschaftlern gibt. In einem aber sind sich sehr viele Expertinnen und Experten einig: Was uns jetzt noch hilft und auf die Schnelle umsetzbar ist, sind die Maßnahmen, die das RKI und die Leopoldina schon seit Wochen fordern, nämlich striktes Abstandhalten und Maskentragen im Unterricht, und zwar ab einem sehr viel niedrigeren Inzidenzwert, nämlich ab 50, und dies auch in der Grundschule.“

    Der Leipziger Univ.-Prof. Dr. rer. nat. habil. Markus Scholz referierte Fakten, die bisher zu wenig Berücksichtigung fanden: „In der zweiten Welle sehen wir einen deutlichen qualitativen Unterschied zur ersten Welle – die Altersgruppe von 0 bis 15 Jahren ist nun viel stärker betroffen. Dabei sehen wir nur die Spitze des Eisberges, da Klassen und Kinder nicht mehr konsequent getestet werden.“ Die Aussage, Kinder und Jugendliche seien nicht Treiber der Pandemie, an die sich so viele Bildungsministerien geklammert hatten, ist so also nicht mehr haltbar.

    Deutlich zutage tritt das schulische Infektionsgeschehen derzeit in Ludwigshafen – an den weiterführenden Schulen sowieso, aber jetzt auch schon in der Primarstufe, nämlich an der Brüder-Grimm-Grundschule, an der 6 von 13 Lehrkräften infiziert sind und bisher sechs Kinder positiv getestet wurden. Sieben der insgesamt zwölf Schulklassen sind schon in Quarantäne gewesen, nun musste die Schule komplett schließen, nachdem ein weiteres Infektionsgeschehen unter den verbleibenden Personen bekanntgeworden war. Schwartz griff in der Veranstaltung mit der Schilderung der Geschehnisse aus der Grundschule in Ludwigshafen die Ausführungen von Prof. Kiess auf, der eindringlich die psychologischen und anderen gesundheitlichen Konsequenzen der kompletten Schulschließung vom Frühjahr ausführte. Die Politik der Landesregierung, die sich einseitig ausschließlich auf das Offenhalten konzentriert hat, so Schwartz, hat die Schulen letztlich in die Situation manövriert, in der ihnen ab einem gewissen Zeitpunkt nichts mehr anderes übrigbleibt, als komplett zu schließen.

    Sie kam damit zum gleichen Schluss wie Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Alexander Kekulé von der Universitätsklinik Halle, der sich dafür stark machte, dass wir eine langfristige Strategie mit Wechselbetrieb brauchen: „Die Vollschließung ist für uns auch an den Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen weiterhin keine Option“, so Schwartz, „denn die Schülerinnen und Schüler sind nach wie vor nicht mit Tablets ausgestattet, abgesehen davon, dass auch mit deren Einsatz Präsenzunterricht unverzichtbar bleibt. Präsenzunterricht können wir jedoch nur dann gewährleisten, wenn nicht gleichzeitig viele Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler wegen der auf engstem Raum fehlenden Möglichkeit, Abstände einzuhalten, in Quarantäne sind. Wir haben also keine andere Wahl als Wechselunterricht, wenn wir das vermeiden wollen, was an der Brüder-Grimm-Schule passiert ist: Komplettschließung und Erkrankungen, die im Extremfall einen tödlichen Verlauf nehmen können.“

    Die Münsteraner Chefärztin Dr. med. Jana Schroeder stimmt der Einschätzung und den Warnungen des Philologenverbandes zum Infektionsgeschehen zu: „Wir sehen, dass die Anzahl der Neuinfektionen trotz veränderter Teststrategie und dem aktuellen „Lockdown“ nicht adäquat sinkt, und wir sehen, dass es auch in Schulen zu Übertragungen, zu Superspreader-Events kommen kann.“ Selbst wenn das Infektionsgeschehen an manchen Grundschulen geringer sein sollte als in der Restbevölkerung, könne dieses Faktum kein Argument für weniger Schutzmaßnahmen darstellen. „Die Anschnallpflicht gilt auch schon bei Tempo 30 und nicht erst bei 100 Stundenkilometern“, so Schroeder.

    Cornelia Schwartz                                                                                         Jochen Ring

    Landesvorsitzende                                                                                        Pressereferent

    Für weitere Informationen erreichen Sie PhV-Landesvorsitzende Cornelia Schwartz unter 01577 – 243 8272.

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